Bewegte Vergangenheit, verheißungsvolle Zukunft
Die Weine der Domaine Jacques Prieur schließen zu den Größten der Bourgogne auf
Ohne Zweifel zählt das Lagenpotenzial der Domaine Jacques Prieur zum allerfeinsten, was der burgundische Weinbau zu bieten hat. Dass eine solche Plattform lange nicht ausreichte, um eine Rolle in der Ersten Liga zu spielen, findet in den 1970er und 1980er Jahren vor allem im mangelnden Engagement der Besitzerfamilie seine Erklärung. Erst seitdem Investoren frisches Geld in das Weingut in Meursault pumpten, ging es Anfang der 1990er Jahre wieder langsam nach oben. Eine wichtige Rolle spielt seitdem die couragierte Oenologin Nadine Gublin, die 1997 von der Revue du Vin de France zur Weinmacherin des Jahres gewählt wurde.
Kein Teilnehmer der fröhlichen Hochzeitsgesellschaft konnte am 24. Februar 1868 in Bligny erahnen, dass am Tag der Eheschließung des Weinhändlers Claude Duvergey und der Winzertochter Marie Taboureau der Grundstein für die Domaine Jacques Prieur gelegt wurde. Die Jungvermählten mussten im Laufe der nächsten Jahre die schmerzliche Erkenntnis verarbeiten, dass ihre Ehe dauerhaft kinderlos bleiben werde. Dies bedeutete zugleich, dass die Linie der Duvergeys mit dem Ableben von Claude endgültig erlöschen würde. Also machte sich Marie Taboureau in ihrer Familie auf die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Ihr Bruder Eugène hatte vier Kinder, jedoch empfahlen sich die drei Söhne kaum für die anstehende Aufgabe. So fiel die Wahl auf die zweitgeborene Tochter Helène, der man in einem Pensionat eine angemessene Erziehung angedeihen ließ. Als sie zwanzig Jahre alt war, suchte man ihr den aus Beaune stammenden Handelsreisenden Henri Prieur zum Gatten aus, den sie am 26. September 1891 heiratete. Sechzehn Monate danach erblickte der kleine Jacques das Licht der Welt.
Zurück zu Claude Duvergey, der nicht nur ein überaus tüchtiger Winzer und Weinhändler in Meursault war, sondern auch die Früchte seiner Arbeit genoss. Besonders liebte er es, sich von seinem Chauffeur Antoine im offenen Renault Typ B.P. 13 C.V. zum Hotel Royal in Evian-les-Bains fahren zu lassen, wo er lange Jahre Stammgast war. Allerdings war Duvergey kein Bonvivant, der nur die Leichtigkeit des Seins von seiner süßen Seite genoss. Mit dem Erwerb erstklassiger Weinberge schuf er damals die Grundlage für den fantastischen Fundus an Spitzenlagen der heutigen Domaine Jacques Prieur: Im Jahr 1889 kaufte er sich im Clos de Vougeot ein, drei Jahre danach arrondierte Duvergey seinen Besitz im Montrachet auf eine Gesamtfläche von stattlichen 5.863 Quadratmetern. Im Jahr 1895 kamen Parzellen im Chambertin und im Musigny hinzu, die schon damals zu den berühmtesten Lagen an der Côte des Nuits zählten. Aus heutiger Sicht kann man den Erwerb all dieser Weinberge nur als überaus weitsichtige Entscheidung bezeichnen, denn Ende der 1930er Jahre wurde ihnen allen der höchste Klassifikationsstatus Grand Cru zuerkannt. Langfristig sollte dadurch der Wert der einst preiswert erstandenen Grundstücke ins Unermessliche steigen. Allein der Prieur-Besitz im Montrachet hat heute einen geschätzten Verkehrswert von mindestens zehn Millionen Euro! Der im Jahr 1920 in Paris verstorbene Claude Duvergey erlebte dies natürlich nicht mehr.
Jacques Prieur, der am ersten Weltkrieg als Lastkraftwagenfahrer teilgenommen hatte, arbeitete sich unter Anleitung seines Vaters Henri in die Domaine Duvergey-Taboureau, die er nach dem nach dem Tod seiner Tante im Jahr 1935 übernahm. In den Wirren des aufziehenden zweiten Weltkrieges hatte Jacques Prieur seine liebe Mühe den Betrieb einigermaßen über Wasser zu halten, aber er machte es so gut es eben ging. Es erwies sich als glückliche Fügung, dass Prieur von 1938 an auch das Weinhandelshaus Calvet in Beaune leitete, wohin er das Gros seiner Weine zu guten Preisen als Fassware verkaufen konnte. Der Name Jacques Prieur tauchte erstmals ab Mitte der 1950er Jahre auf den Etiketten auf. Auch im gesellschaftlichen Leben Burgunds spielte der lebensfrohe Winzer eine wichtige Rolle: Aufgrund seines Namens wählte man Prieur fast automatisch zum Grand Prior der „Confrerie des Chevaliers de Tastevin“, jener Weinbruderschaft, die bis heute ihre weinseligen Feste im Schloss von Vougeot abhält. Jacques Prieur war vielleicht der erste Winzer von der entlegenen Côte de Beaune, der in diese ehrenwerte Gesellschaft aufgenommen wurde. Mit großem Eifer kümmerte sich Prieur in seiner Heimatgemeinde Meursault auch um die Organisation des traditionellen Abschlussfestes der Traubenlese. Als seine Tochter Helène im Jahr 1978 ausbezahlt werden wollte, musste Prieur schweren Herzens zwei Hektar im Clos de Vougeot verkaufen. Um nach seinem Tod einer weiteren Zersplitterung des Besitzes vorzubeugen, gründete er eine Grundstücksbesitzergesellschaft, an der seine übrigen fünf Kinder gleichberechtigt beteiligt waren.
Seinem Sohn Jean, der das Weingut 1965 nach dem Tod des Vaters übernahm, war es leider nicht gegeben, dessen Vermächtnis zu erfüllen. Zwar mag er durchaus mit Interesse seiner täglichen Arbeit nachgegangen sein, jedoch sind keine wesentlichen Akzente bekannt, die er damals für die weitere Entwicklung des Betriebes hätte setzen können. Stattdessen beschloss er bereits im Alter von siebenundfünfzig Jahren in den Ruhestand zu treten und sich seiner Hobbies zu erfreuen. An Bord einer im italienischen Viareggio für ihn gebauten, siebzehn Meter langen Segelyacht begab er sich im Jahr 1989 mit einer Freundin auf Weltreise, die am Ende sage und schreibe zehn Jahre dauern sollte.
Bereits 1988 hatten zwei der fünf Prieur-Schwestern ihre Unternehmensanteile komplett und eine dritte zur Hälfte an eine fünfköpfige Gruppe von Unternehmern verkauft, was exakt der Hälfte des Familienvermögens entsprach. Federführend für diese Transaktion war damals zum einen Bertrand Devillard, Chef des einst angesehenen Weinhandelshauses Antonin Rodet in Mercurey, und zum anderen Jean-Pierre Labruyère, der neben Weinbergen im Beaujolais auch eine Supermarktkette in Chalon besaß. Die Verbindung zu Antonin Rodet war für die Domaine Prieur von besonderer Bedeutung, weil das Handelshaus sich durchaus erfolgreich um die Exportgeschäfte des Weingutes bemühte; das Gros der Produktion ging schon damals ins Ausland. Als sich die drei anderen Kompagnons, ein Schirmhersteller, ein Automobilindustrieller und ein Fabrikant von Kinderkleidung, nacheinander aus dem Prieur-Projekt verabschiedeten, übernahmen Devillard und Labruyère deren Anteile. Das Ende dieser Partnerschaft wurde im Jahr 1996 eingeläutet, als Antonin Rodet zunächst an das Champagnerhaus Laurent-Perrier verkauft und zwei Jahre danach an die Investitionsbank der italienischen Industriellenfamilie Agnelli weitergereicht wurde. Dort sicherte sich Labruyère im Jahr 2006 das Rodet-Paket und erwarb weitere Anteile der Prieur-Famile, was ihm eine Zwei-Drittel-Mehrheit an der Domaine Jacques Prieur bescherte.
Wein spielte in der Familie Labruyère bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Rolle, noch heute besitzt sie im Beaujolais dreizehn Hektar erstklassiger Weinberge. Reich wurde sie aber erst durch den Handel mit Lebensmitteln. Aus einem kleinen Laden in Chalon wurde bald ein größeres Geschäft, woraus sich in den 1930er Jahren eine Lebensmittelkette mit Dependancen zwischen Dijon und Lyon entwickelte. Richtig zur Sache ging es allerdings erst nachdem der junge Jean-Pierre Labruyère 1968 von einem vierjährigen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten nach Hause zurückkehrte. Mit Europrix gründete er die erste Supermarktkette Frankreichs, die er im Jahr 1996 mit sattem Gewinn an den Promodes-Konzern verkaufte. Davon investierte Labruyère einen nennenswerten Teil in den Weinbau.
Parallel zu seinem Engagement bei Jacques Prieur kaufte er 1992 Château Rouget in Pomerol, das heute achtzehn Hektar Rebfläche umfasst. Die jüngste Labruyère-Akquisition in Sachen Wein befindet sich in der Champagne, genauer gesagt in Verzeney, wo man das Weingut Jacques Busin kaufte. Zum Besitz zählen sechseinhalb Hektar Grands Crus, die sich auf Verzeney und die Nachbargemeinden Verzy, Sillery und Ambonnay verteilen.
Die Weinaktivitäten der Familie Labruyère werden heute vor allem durch den Sohn Edouard, Jahrgang 1978, koordiniert. Nach dem Examen an einer Eliteuniversität in Paris arbeitete er zunächst im französischen Außenministerium, was seinem insgeheim gehegten Traum geschuldet war, Botschafter werden zu wollen. Einem Gastspiel in der Unternehmensberatung Ernest & Young, folgte ein mehrjähriger Aufenthalt in Bordeaux. Im Büro des Weinmaklers Laurent Quancard lernte der Mittzwanziger alles, was man über Bordeaux wissen muss. Zum guten Schluss war Edouard Labruyère noch einige Monate für Airbus in Dubai tätig, bevor er Anfang des Jahres 2008 dem Wunsch seines Vaters folgte, nach Hause zu kommen.
Seitdem pendelt der smarte Weinmanager rastlos zwischen den verschiedenen Labruyère-Standorten hin und her, um nach dem Rechten zu sehen. Zur Seite steht ihm die erfahrene Oenologin Nadine Gublin, die bereits seit 1990 für die Domaine Jacques Prieur tätig ist und maßgeblichen Anteil an der Renaissance des Weingutes in Meursault hat. Als einzig verbliebener Namensträger fungiert der sympathische Martin Prieur, Enkel des Firmengründers Jacques, gewissermaßen als Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft. Er lebt mit seiner Familie im Weingut, empfängt die Besucher und ist damit das Gesicht des Hauses. Neben der Abwicklung des Alltagsgeschäfts vor Ort ist er auch für den Vertrieb der Weine in Frankreich und die angrenzenden europäischen Länder verantwortlich.
Die Domaine Jacques Prieur bewirtschaftet heute eine Rebfläche von zweiundzwanzig Hektar, welche sich zu zwei Dritteln auf Pinot Noir und einem Drittel auf Chardonnay verteilt. Daraus entstehen etwa gleich große Mengen an Weiß- und Rotwein, was sich aus der Tatsache erklärt, dass die Erträge beim Chardonnay deutlich über denen des Pinot Noirs liegen. Nur ganz wenige Weingüter in Burgund verfügen über ein ähnlich grandioses Lagenportfolio, das neun Grands Crus, vierzehn Premiers Crus und einen Ortswein als Monopol umfasst. Allerdings garantieren erstklassige Weinberge längst nicht auch die Erzeugung großartiger Weine, wofür die Qualität der Prieur´schen Produktion der 1970er und 1980er Jahre ein eher trauriges Zeugnis ablegten. Erst als im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts frisches Geld von Investoren in das Weingut floß, ging es auch qualitativ aufwärts. Das verstärkte sich nochmals, seitdem die Labruyères das alleinige Sagen in Meursault haben. Sowohl das Kelterhaus als auch der Fasskeller wurden gründlich überarbeitet und auch wieder Geld für Personal und Maschinen in die Hand genommen. „Ein technisch besonders ausgestatteter neuer Traktor hat allein 150.000 Euro gekostet“, erinnert sich Edouard Labruyère. Seit 2011 erfolgt die Weinbergsarbeit an der Côte de Beaune teilweise nach den Regeln der Biodynamie, dafür steht der neue Chef de Culture, Daniel Godefroy. Seine Erkenntnisse brachte er von der Domaine Zind-Humbrecht mit, die im Elsass seit Jahrzehnten grandiose Weine erzeugt.
In der Domaine Prieur legt man bei der Lese besonderen Wert auf eine hohe Reife der Trauben. Die Chardonnays erntet man am liebsten, wenn sie ihre Farbe ins Goldgelbe verändert haben. Bevor der abfließende Saft gekühlt und in einen Edelstahltank gepumpt wird, wo die festen Trubteile sich innerhalb von vierundzwanzig Stunden absetzen können, werden die Trauben gemahlen und in einer pneumatischen Horizontalpresse gekeltert. Die alkoholische Gärung erfolgt dann in kleinen Eichenholzfässern, welche für die Grands Crus jährlich komplett erneuert werden. Das verkraften diese Weine bestens! Nachdem in den letzten Jahren einige Kritik an den zu holzbetonten und etwas zur Opulenz neigenden Premiers Crus aufkam, reduzierte man den Anteil neuer Pièces von vierzig auf fünfundzwanzig Prozent. Eine Ausnahme bildet der Premier Cru aus der Spitzenlage Meursault Les Perrières, dessen Fässer zu achtzig Prozent erneuert werden. Seit dem Jahr 2009 verzichtet man bei allen Weißweinen vollständig auf die vorher mit Eifer angewandte Battonage, weil die Weine durch das Aufrühren der Hefe mitunter allzu ausladend gerieten. Die einfacheren Weißweine werden nach zwölf Monaten, die Grands Crus oft erst nach achtzehn Monaten abgefüllt.
Die Pinot Noirs werden sowohl im Weinberg als auch auf einem Sortierband im Kelterhaus selektiert, um unreife und faule Traubenteile zu entfernen. Danach werden die Trauben entrappt, aber nicht gemahlen und mit einem Förderband schonend in große Eichenbottiche befördert, wovon es bei Prieur insgesamt siebzehn Stück gibt. Die Cuvaison beginnt mit einer achttägigen kalten Mazeration der Trauben, gefolgt von der etwa eine Woche dauernden alkoholischen Gärung. Die intensive Farbe der Prieur´schen Rotweine beruht auf der Tatsache, dass die Trauben nach der Gärung noch eine weitere Woche auf den Schalen verbleiben. Sodann wird der junge Wein mittels Schwerkraft in Eichenholzfässer abgezogen, welche sich im darunter liegenden Kellergeschoss befinden. Analog zu den Weißweinen werden auch für die roten Grands Crus alle Pièces jährlich erneuert. Edouard Labruyère äußerte im Gespräch zwar gewisse Bedenken, ob dies wirklich die finale Lösung sei, er gehe bislang aber einem Streit mit der forschen Kellermeisterin Gublin aus dem Weg, die weiterhin auf neuen Fässern bestehe. Bei den roten Premiers Crus und dem Meursault Village variiert der Neufassanteil zwischen zwanzig und vierzig Prozent. Die Abfüllung der Rotweine erfolgt vierzehn bis sechzehn Monate nach der Ernte.
Nadine Gublin wurde als Tochter eines Getreidebauers in der südlichen Champagne bei Troyes geboren und absolvierte ihr Oenologiestudium in Dijon. Vor dreißig Jahren begann sie für Antonin-Rodet in Mercurey zu arbeiten und kam dadurch auch zur Domaine Prieur. Heute hat sie ihr Büro in der Labruyère-Zentrale in Macon und kümmert sich in erster Linie um das Weingut im Beaujolais und eben Jacques Prieur. Daneben berät sie noch Winzer im Chablis und einen griechischen Erzeuger auf der Zykladeninsel Tinos in der südlichen Ägäis, den sie vier Mal im Jahr besucht. Ob es bei diesen Nebentätigkeiten bleiben kann, falls sie sich zukünftig auch um das Champagne-Projekt der Labruyères kümmern sollte, steht auf einem anderen Blatt.
Das zweifache Sortieren der roten Trauben bezeichnet Gublin als den wichtigsten qualitativen Fortschritt der letzten Jahre. Auch die Beendigung der lange geübten Battonage der Weissweine findet sie inzwischen folgerichtig: „Ursprünglich haben wir die Hefe einmal pro Woche aufgerührt, dann alle vierzehn Tage und am Ende nur noch ein Mal im Monat. Heute ist die Qualität der Weine so gut, dass wir das nicht mehr brauchen!“ In der Tat präsentieren sich die Weißweine heute deutlich mineralischer und dadurch weitaus eleganter.
Meine Frage, in welcher Reihenfolge sie die Ernte organisiert, beantwortet sie fast erwartungsgemäß damit, dass es dafür keine strikte Regel gibt. „Generell ernten wir die roten Trauben der Côte de Beaune vor denen der Côte de Nuits und die Chardonnays in Beaune vor denen in Puligny-Montrachet. Alles andere unterliegt der strikten Kontrolle einer jeden Parzelle.“ Als ihre weißen Lieblingsjahrgänge bezeichnet sie in dieser Reihenfolge 2010, 2006 und 1992. Martin Prieur teilt diese Einschätzung, fügt aber noch den 2005er hinzu, der allerdings wegen einer teilweise atypisch schnell verlaufenden Reife etwas in die Diskussion geraten ist. Beim Rotwein sind sich die Beiden restlos einig, dass 2005 der beste Jahrgang ihrer mehr als zwei Jahrzehnte währenden Zusammenarbeit ist. Nadine Gublin, die grundsätzlich lieber junge Weine trinkt, singt das hohe Lied auf die Jahrgänge 2010 und 2009. Von den älteren Semestern schätzt sie zwei besonders interessante, aber sehr unterschiedliche Jahrgänge, den reichhaltigen 2003er und den weitaus eleganteren 2002. Außerdem, fügt sie „nicht nur aus sentimentalen Gründen!“ ihren allerersten Prieur-Jahrgang 1990 hinzu. Martin Prieur bezeichnet sowohl den 1999er als auch den 2009er als kommerziell überaus interessante Jahrgänge: „Die Ernte war überdurchschnittlich groß und die internationale Presse überschlug sich mit Lobeshymnen!“
Bei aller Kritik hinsichtlich der Vergangenheit, kann man der Domaine Prieur voller Überzeugungbescheinigen, dass sie das Qualitätspotenzial ihrer Weinberge heute weitaus besser ausschöpft. Seit Ende der 1990er Jahre spielt sie – um es in der Fußballersprache zu sagen – im gesicherten Mittelfeld der Ersten Liga, mit deutlicher Fantasie nach oben.
Die Besonderheiten der unterschiedlichen Terroirs in den Grands-Crus-Lagen erläutert Martin Prieur exemplarisch an einigen Beispielen: „So wie im Musigny hätte man die Verhältnisse gern überall: Steiniger Lehmboden, geringes Südgefälle. Allerdings gibt es dort nur ein Zeitfenster von zwei Tagen, in denen wir die Trauben in idealem Zustand ernten können. Im Chambertin und Clos de Vougeot sorgen tiefgründige Lehmböden stets für ausreichenden Wasservorrat. Dort haben wir meist eine Woche Zeit, um den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Im Montrachet, einem lichtdurchflutetem Südhang, können wir geduldig die Vollreife abwarten und den auf weißem Mergel stehenden Corton-Charlemagne holen wir ganz am Schluss, wenn die Hauptlese schon seit zwei, drei Tagen beendet ist!“
Überlegungen, in welchen Appellationen sie sich noch Erweiterungen des Lagenportfolios vorstellen könnten, beantworten Nadine Gublin und Martin Prieur beinahe gleichlautend mit Chassagne-Montrachet, Saint-Aubin, Santenay und Vosne-Romanée. Sowohl Kelterhaus als auch Fasskeller liessen eine Ausdehnung des Guts auf bis zu dreißig Hektar Rebfläche zu. Edouard Labruyère jedenfalls hat ihnen signalisiert, dass die Kriegskasse hierfür bestens gefüllt sei.
Aus seinem mehr als zwei Jahrzehnte umfassenden Verkostungsfundus hat Armin Diel in erster Linie den attraktiven Jahrgang 2009 sowie eine atemraubende Vertikale des weißen Grand Cru Montrachet der Domaine Jacques Prieur in Meursault probiert.
Kaum ein anderes Weingut in Burgund verfügt über ein ähnlich wertiges Lagenportfolio, zu dem allein sechs rote und drei weiße Grands Crus zählen.
Rot:
2009 BEAUNE Premier Cru CHAMPS-PIMONT: Duftet nach Schwarzkirsche und Brombeere, Anklang von Mandeln, deutliche Vanillenote, saftige Fruchtfülle, ansprechender Körper, würziger Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 89 Punkte
2009 BEAUNE Premier CRU CLOS DE LA FÉGUINE MONOPOLE: Verhaltenes Bukett, pfeffrige Kirschnote und ein Hauch von Zwetschge, ansprechende Pinotfrucht, ausgewogene Tannine, mittelgewichtiger Körper, herzhafter Abklang. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 89 Punkte
2009 BEAUNE Premier CRU LES GRÈVES: Rauchiges Duftspiel von Veilchen und Himbeere sowie etwas Schwarzkirsche und Cassis, feinherbe Frucht, saftiger Fond, leicht verspielter Abklang. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 90 Punkte
2009 VOLNAY Premier CRU LES CHAMPANS: Deutliche Schwarzkirschnote im Duft, etwas Brombeere und Himbeere, süßliche Fruchtfülle, sanfte Tannine, kraftvoll und elegant zugleich, nobler Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 91 Punkte
2009 VOLNAY Premier CRU LES SANTENOTS: Konzentriertes Bukett, Anklänge von Kastanie und Sandelholz, gekonnter Holzeinsatz, süßliche Frucht, edle Tanninstruktur, fester Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 90 Punkte
2009 VOLNAY Premier CRU CLOS DES SANTENOTS MONOPOLE: Leicht rauchiges Bukett, würzige Brombeernote, etwas Cassis, feine Extraktsüße, pikantes Tanningerüst, insgesamt sehr ausgewogen. Ein Volnay wie aus dem Lehrbuch! Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte
2009 GEVREY-CHAMBERTIN Premier CRU: Dieser Wein repräsentiert die jungen Reben aus dem Grand Cru Chambertin. Duftet nach Erdbeere und Minze, ein Hauch von Pfingstrose, würzige Frucht, saftiger Typus. Bester Trinkzeitraum bis 2022. 91 Punkte
2009 CORTON-BRESSANDES GRAND CRU: Rauchiger Duft von schwarzen Kirschen und Veilchen, deutlich vom neuen Eichenholz geprägt, hat Schmalz und Fülle, ausgewogene Frucht, saftiger Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025. 93 Punkte
2009 CLOS VOUGEOT GRAND CRU : Geschmeidiges Bukett, Anflug von Haselnussschokolade und Pflaume, stoffiger Körper, bestens eingebundene Tannine, sehr gute Balance, herzhafter Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 92 Punkte
2009 CHAMBERTIN GRAND CRU: Changierendes Duftspiel zwischen Erdbeere und schwarzer Johannisbeere, ein Hauch Schokolade, edle Fruchtfülle, feste Tannine, benötigt noch eine gehörige Entwicklungszeit. Bester Trinkzeitraum von 2020 bis 2030, 94 Punkte
2009 Echezeaux Grand Cru: Deutliche Kaffeenote im Duft, daneben schwarze Johannisbeere, Brombeere und Blaubeere, herzhafter Körper, bestens eingebundenes Tanningerüst, braucht Zeit. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 94 Punkte
2006 Echezeaux Grand Cru: Delikater Cassisduft, ein Hauch von Preiselbeere und Himbeere, finessenreiche Frucht, bestens eingebundene Tannine, sehr gelungener Wein. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 93 Punkte
2005 Echezeaux Grand Cru: Vielschichtiges, noch eine Spur verschlossenes Bukett, elegante Fülle, ausgeprägte Tannine, anklingende Fruchtsüße, ein Kraftprotz mit großem Potential! Bester Trinkzeitraum bis 2030, 95 Punkte
2003 Musigny Grand Cru: Opulenter Duft von Mokka und Haselnussschokolade, hochreife Früchte, viel Brombeere und Cassis, süßliche Fülle, reife Tannine, ein mächtiger Wein. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 95 Punkte
2005 Musigny Grand Cru: Noch etwas verschlossenes Bukett, deutliche Eichenholzprägung, viel Vanille und Röstnoten, sehr dichte Fruchtfülle, konterkariert von mächtigen Tanninen. Braucht Zeit! Bester Trinkzeitraum von 2020 bis 2030, 95 Punkte
2008 Musigny Grand Cru: Edler Duft vollreifer schwarzer Kirschen, elegante Fruchtfülle, große Finesse, alles in Samt und Seide, überaus delikater Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 93 Punkte
2009 Musigny Grand Cru: Duftet nach Mokka und Schwarzkirsche, deutliche Vanilleprägung, saftige Fruchtfülle, perfekt eingebundene Tannine, bestens strukturierter Körper, edler Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2030+, 95 Punkte
Weiss:
2009 MEURSAULT CLOS DE MAZEREY: Duftet nach rosa Pampelmuse und Birne, fein strukturierter Körper, apartes Säurespiel, Prototyp eines Meursaults der schlichteren Machart. Idealer Trinkzeitraum bis 2016, 88 Punkte
2009 BEAUNE Premier CRU LES CHAMPS PIMONT: Feinduftiges Bukett mit Anklängen von Mirabelle und Aprikose, kompakte Fruchtstruktur, schmelzige Fülle, gefälliger Abklang. Idealer Trinkzeitraum bis 2018, 89 Punkte
2009 BEAUNE Premier CRU LES GRÈVES: Gefälliges Bukett, etwas Birne und Apfel, deutlich vom neuen Eichenholz geprägt, mittelgewichtiger Körper, würziger Nachhall. Idealer Trinkzeitraum bis 2016, 89 Punkte
2009 BEAUNE Premier CRU CLOS DE LA FÉGUINE MONOPOLE: Duftet nach Kokosnuss und rosa Pampelmuse, feinrassige Art, verspielte Frucht, wirkt geradezu schwebend leicht, schlanker Nachhall. Idealer Trinkzeitraum bis 2020, 90 Punkte
2009 MEURSAULT Premier CRU SANTENOTS: Erneut etwas Kokosnuss im Duft, Cox-Orange-Apfel und Birne, feinfruchtiger Stil, ansprechende Frucht, weniger tiefgründig, gefälliger Nachhall. Idealer Trinkzeitraum bis 2018, 90 Punkte
2009 MEURSAULT Premier CRU LES CHARMES: Gefälliges Bukett, changiert zwischen Apfel und Aprikose, reintönige Frucht, insgesamt etwas einfach gestrickt, passabler Nachhall. Idealer Trinkzeitraum bis 2018, 89 Punkte
2009 PULIGNY-MONTRACHET Premier CRU LES COMBETTES: Elegantes Bukett, reife Aprikose, daneben ein Hauch von Anis und Fenchel, recht stoffiger Körper, bei feiner Säure saftig und voll im Abklang. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 93 Punkte
2009 MEURSAULT Premier Cru LES PERRIÈRES: Duftet nach Birne und frisch geröstetem Toastbrot, Granny Smith und Vanille, ausgeprägte Mineralität, würzige Frucht, leicht salzige Note im Abklang. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte
2009 CORTON-CHARLEMAGNE GRAND CRU: Distinguierter Duft von Quitte und Birne, schmelzige Fruchtfülle, salzige Mineralität, belebendes Säurespiel, äußerst kompakter Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte
2009 Chevalier-Montrachet Grand Cru: Diskretes Bukett, buttrige Briochenote, distinguierte Fruchtfülle, feines Säurespiel, supereleganter Wein, dichter Körper, exzellenter Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 94 Punkte
2006 Chevalier-Montrachet Grand Cru: Prächtiges Bukett, Aprikose und Birne in Reinkultur, große Finesse gepaart mit enormer Fülle, feinrassiges Säurespiel, ein weißer Burgunder wie aus dem Bilderbuch! Bester Trinkzeitraum bis 2025, 96 Punkte
1998 Montrachet Grand Cru: Leichter Rauchton, im Duft vermischen sich Vanille, Quitte und etwas Bergamotte, feines Säurespiel, pikanter Nachhall. Sollte getrunken werden. 91 Punkte
1999 Montrachet Grand Cru: Goldgelbe Farbe, duftet nach Vanille, Sandelholz und Lakritze, ein Hauch Aprikose, stoffiger Körper, etwas Extraksüße, komplexer Nachhall. Idealer Trinkzeitraum bis 2018, 92 Punkte
2000 Montrachet Grand Cru: Zarte Vanillenote, Aprikose, Pfirsich, samtige Fruchtfülle, eleganter Fond, erstaunliche Frische, sehr feiner Nachhall. Idealer Trinkzeitraum bis 2020, 94 Punkte
2001 Montrachet Grand Cru: Duftet nach Haselnuss und Minze, nussige Note auch im Geschmack, deutliche Reifenote, Bergamotte, Eisenkraut, malzige Note im Abklang. Sollte getrunken werden. 90 Punkte
2002 Montrachet Grand Cru: Sehr feines Bukett, Aprikose und Brioche, eleganter Körper, anklingende Fruchtsüße, apartes Säurespiel, großartige Balance, hat noch viel Potential. Idealer Trinkzeitraum bis 2025, 95 Punkte
2003 Montrachet Grand Cru: Goldgelbe Farbe, duftet nach kandierten Früchten, opulenter Körper, satte Holzprägung, verhaltene Säure, süßlicher Nachhall. Sollte getrunken werden. 93 Punkte
2004 Montrachet Grand Cru: Goldgelbe Farbe, schöner Honigduft, anklingende Süße, pikante Säure, kräftiger Körper, etwas kurzer Abklang. Idealer Trinkzeitraum bis 2018, 93 Punkte
2005 Montrachet Grand Cru: Noch recht verschlossenes Bukett, duftet nach exotischen Früchten, Vanille und Haselnussschokolade, mächtiger Körper. Bei einer zweiten Verkostung überraschend weit entwickelt. Idealer Trinkzeitraum bis 2018, 92-94 Punkte
2006 Montrachet Grand Cru: Zarte Minzenote im Duft, am Gaumen etwas Aprikosenkonfitüre, enorme Fülle, komplexe Frucht, Synthese von Kraft und Finesse, bestes Entwicklungspotential. Idealer Trinkzeitraum bis 2025, 95 Punkte
2007 Montrachet Grand Cru: Sehr dichtes Bukett, ein Hauch von exotischen Früchten, zarte Honigsüße, saftig und elegant zugleich, überaus gefällige Frucht, feines Säurespiel, toller Nachhall. Idealer Trinkzeitraum bis 2025, 94 Punkte
2010 Montrachet Grand Cru: Prächtiges Bukett, distinguierte Frucht, Aprikose, Mirabelle, dazu frisches Brioche, große Finesse gepaart mit enormer Fülle, ein weißer Burgunder wie aus dem Bilderbuch! Idealer Trinkzeitraum bis 2025+, 96 Punkte
2011 Montrachet Grand Cru: Reichhaltiges Bukett, ein Potpourri von gelbem Kernobst, vielversprechende Frucht, keine Spur vom Eichenholz zu schmecken, sehr langer Nachhall. Idealer Trinkzeitraum bis 2025+, 94 Punkte
Erstabdruck in FINE Das Weinmagazin 4/2012
Fotos: BERNDT HOCHMANN