Stephen Henschke, Barossa, Australien

Barossa in South Australia zählt zu den ältesten Weinbauregionen des Landes, dessen gesamte Rebfläche heute rund 174.000 Hektar umfasst. Mit dem Grange brachte Penfolds in den 1950er Jahren den ersten Barossa-Rotwein von Weltformat hervor. Der heutige Superstar der Region heißt Stephen Henschke, der in dem kleinen Dorf Keyneton wahre Wunderwerke auf Flaschen zaubert.

Wer den Weinberg von Mount Edelstone betreten will, muss vorher eine ungewöhnliche Prozedur durchlaufen: Um die mehr als hundert Jahre alten Shiraz-Reben vor jeglicher Art von Infektionen zu schützen, hat Stephen Hentschke eine kleine Plastikkiste mit der Aufschrift „Don´t spread Phylloxera“ mitgebracht. Erst nachdem ich mit den Schuhsohlen die Flüssigkeit in der Kiste durchschritten habe, ist der Weg frei zur Besichtigung des sechzehn Hektar großen Weinbergs, der 1912 von dem Barossa-Pionier Ronald Angas komplett mit Shiraz-Reben beplanzt wurde. Hentschke´s Vater Cyril sicherte sich Anfang der 1950er Jahre die Übernahme der Trauben und füllte 1952 den ersten Wein mit der Bezeichnung Mount Edelstone ab. Als Hentschke 1974 Grund und Boden kaufen konnte, zählte der nach einem gelben Opal benannte Weinberg bereits zu den emblematischen Rotweinen der Region. Beiläufig erwähnt Stephen Hentschke, dass der Mount Edelstone sein höchst prämierter Wein sei, der bei der angesehenen „International Wine Competition“ in London bereits drei Mal zum weltbesten Shiraz gekürt wurde und damit sogar die stolze Syrah-Konkurrenz aus dem französischen Rhônetal düpierte.

Die Reben stehen auf fünfhundert Millionen Jahre alten rotbraunen Lehmböden, die das Wasser gut speichern können. Dass die Erträge hier nur bei eintausendfünfhundert Liter pro Hektar liegen, mag auch an den großen Abständen zwischen den Rebstöcken liegen. Die an Drahtrahmen befestigten Rebzeilen sind weitläufig mit Stroh bedeckt und überall riecht es eindrücklich nach Kuhstall. „Für das Weinbergsmanagement ist meine Frau Prue verantwortlich,“ erläutert Stephen Henschke. Erste Versuche mit Rindenmulch machte sie bereits in den 1990er Jahren, seit mehr als zehn Jahren dann auch mit eigenem Kompost. Heute wird hier komplett nach den Regeln des biodynamischen Weinbaus gearbeitet.

Es ist Ende März und die Ernte steht unmittelbar bevor. Um die Trauben vor Staren und anderen „fliegenden Piranhas“ zu schützen, sind die Rebzeilen mit Vogelnetzen überzogen. Im Weinberg von Mount Edelstone gibt es ein einsames Windrad, welches bei vier Grad Celsius automatisch startet, damit die Luftverwirbelungen in einer nahe gelegenen Senke etwaige Frostschäden vermeiden helfen.

Die Rebfläche des Barossa Valleys umfasst knapp vierzehntausend Hektar, wozu auch das östlich benachbarte Eden Valley zählt, das etwa ein Fünftel der Gesamtfläche ausmacht. Fachleute sind sich darüber einig, dass die Weine aus dem deutlich höher gelegenen Eden Valley weitaus feiner ausfallen als die opulenteren Pendants aus dem heißeren Barossa Valley. Im Eden Valley kühlt es in den Nächten stärker ab, die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt dort mindestens ein Grad unter der des Barossa Tals. Für stilistische Unterschiede sorgen gewiss auch die deutlich steinigeren Böden im Eden Valley.

Die Barossa-Region ist eine wahre Fundgrube alter Rebstöcke, die ältesten sollen auf das Jahr 1843 zurückgehen. Vor zehn Jahren hat das „Barossa Wine Chapter“ die Weinberge der Region in vier Altersklassen eingeteilt: Barossa Old Vines müssen mindestens fünfunddreißig Jahre alt sein, Survivor Vines bereits doppelt so alt, Centennian Vines haben sogar hundert Jahre auf dem Buckel, während Ancestor Vines mit hundertfünfundzwanzig Jahren veritable Urgroßväter sind. Der Name des Barossa-Tales kommt übrigens von den umliegenden Barossa Ranges, die Ausläufer der südaustralischen Bergkette Mount Lofty Ranges sind.

Die Weinbaugeschichte der Region wurde ganz maßgeblich geprägt durch schlesische Auswanderer, die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts ihre Heimat verließen, um am anderen Ende der Welt ihre lutherische Religion freier ausleben zu können. Dazu zählte auch Christian Henschke, der im Jahr 1841 Kutschlau verließ und 1862 die ersten Weinberge in Keyneton pflanzte. Der daraus resultierende Wein war ursprünglich zur Eigenversorgung der Familie gedacht, als sechs Jahre danach die ersten Flaschen Riesling und Shiraz abgefüllt wurden, gab es bereits Interessenten für die Weine. Dies markierte den Anfang der Henschke-Dynastie im Eden Valley. Sohn Gotthard Henschke übernahm den Betrieb im Jahr 1873 und kaufte den heute als Hill of Grace bekannten Weinberg. Seine musikalische Vorliebe für Blasinstrumente führte zur Gründung der Henschke Family Brass Band, in der alle männlichen Familienmitglieder mit von der Partie waren. In der nächsten Generation folgte Alfred Hensche, der 1914 den Weinkeller vergrößerte und sogar unterirdische Betontanks baute. Im Fokus standen damals aufgesprittete Weine, die überwiegend in Fässern und Krügen verkauft wurden. Als jüngstes von insgesamt elf Kindern folgte im Jahr 1950 Cyril Henschke, der den Paradigmenwechsel in Richtung trockener Tafelweine einleitete. Mit dem Kauf des Mount Edelstone und der Entwicklung des Hill of Grace hat er eine Erfolgsgeschichte begonnen, die seit 1979 von Stephen Henschke und seiner Frau Prue auf höchstem Niveau fortgeschrieben wird.

Die beiden sprechen hervorragend Deutsch, was angesichts der Genealogie von Stephen Henschke, Jahrgang 1950, vielleicht weniger erstaunt. Prues Vater war Wasserchemiker in Adelaide, wo die Tochter Botanik studierte. Vierzehn Tage vor der gemeinsamen Abreise nach Deutschland, wo weinbauliche Praktika auf dem Programm standen, heirateten Stephen und Prue Henschke im Jahr 1975. Sie quartierten sich in Freiburg ein und schwärmen bis heute von dem wunderbaren Kirschwasser der Firma Schladerer. Während Stephen Henschke bei der Winzergenossenschaft im nahe gelegenen Oberrotweil anheuerte, fand Prue einen Job in der Staatlichen Rebzuchtanstalt in Geisenheim. Wann immer der damalige Amtsleiter Professor Helmut Becker mit Besuchern vorbeikam, stellte er sie stets als „unser australisches Mädchen“ vor, erinnert sich Stephen Hentschke schmunzelnd.

Bis zum heutigen Tag pflegen die Hentschkes deutsches Brauchtum, sie sind Mitglieder im Deutschen Sprachverein Barossa, der sich einmal im Monat zu einer Art Kaffeeklatsch in der Kirchenhalle von Tanunda trifft. Außerdem liest Stephen Henschke regelmäßig deutsche Fachmagazine wie Wein & Rebe und Weinwirtschaft. Fragt man ihn nach seinen Hobbies nennt Hentscke spontan das Golfspielen. Außerdem teilt er mit seinem Sohn Andreas die Passion des Ballonfahrens.

Da die Weinbergspreise in Barossa noch längst keine burgundische Dimensionen angenommen haben – sie liegen hier bei vier bis acht Euro pro Quatratmeter – konnte die Rebfläche des Weinguts im Laufe der Jahre auf hundert Hektar wachsen. Daneben werden die Trauben von weiteren fünfzig Hektar anderer Winzer übernommen. Für den An- und Ausbau sorgen im Weingut Henschke insgesamt fünfzig Mitarbeiter. Da trifft es sich gut, dass mittlerweile auch schon zwei Mitglieder der sechsten Generation bei der Arbeit helfen. Während Tochter Justine für´s Marketing zuständig ist, tritt der zweite Sohn Johann mehr und mehr in die großen Fußstapfen des Vaters.

Das Henschke-Programm umfasst heute rund dreißig Weine, die sich rein zahlenmäßig je zur Hälfte auf Rot und Weiß verteilen, allerdings ist klar, dass der Rotweinanteil mengenmäßig bei weitem überwiegt. Bei der Vinifikation der Weißweine gibt es unterschiedliche Herangehensweisen: Während man die entrappten Riesling-Trauben in temperaturgesteuerten Edelstahltanks ausbaut, werden Chardonnay und Semillon grundsätzlich in Holzfässern gelagert.

Die alkoholische Gärung der Rotweine erfolgt in offenen Gärbottichen aus Zement, die mit Parafin und Bienenwachs ausgestrichen werden. Die Hälfte der Trauben wird entrappt, die andere Hälfte kommt als ganze Früchte in die Bottiche, die mit Holzlattenrosten bedeckt werden. Um die feinen Aromen zu bewahren, ist man bemüht die Gärtemperatur nur selten über fünfundzwanzig Grad Celsius ansteigen zu lassen. Die Lagerzeit der unterschiedlichen Weine variiert zwischen achtzehn und vierundzwanzig Monate, ebenso der Neuanteil und die Herkunft der eingesetzten Barriques.

Während für die zwanzigtausend Flaschen Mount Edelstone nur ein Viertel der Fässer, fast alle französischer Provenienz, erneuert wird, kommen für die fünftausend Flaschen Hill of Grace ausschließlich neue Fässer zum Einsatz, die zu zwei Dritteln aus Frankreich, der Rest aus Amerika stammen.

Der Name Hill of Grace geht zurück auf eine landschaftlich reizvolle schlesische Region namens Gnadenberg. Die kleine lutheranische Kirsche, die das Plateau noch heute überragt, wurde im Jahr 1860 erbaut. Der älteste Teil des Weinbergs, Block Five, welcher die Trauben für den Hill of Grace liefert, trägt den beziehungsreichen Namen „Grandfather“. Er ist mit wurzelechten Shiraz-Reben bepflanzt, die noch vor Beginn der Reblausplage in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts aus Europa importiert wurden. Neben weiteren Shiraz-Parzellen, die im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts gepflanzt wurden und als Quelle für den Hill of Roses dienen, sind auf dem Terrain auch kleinere Flächen mit Semillon, Riesling und Mataro (Mourvèdre) bepflanzt, die aber allesamt ohne Lagenbezeichnung vermarktet werden.

Dem ersten Jahrgang 1958 folgte mit dem 1959er Hill of Grace ein historischer Erfolg. Als nachfolgend beste Jahrgänge nennt Stephen Henschke 1967, 1972, 1990, 1996, 2002 und 2005; aus jüngeren Jahren wäre fraglos 2010 hinzuzufügen. Hingegen wurde von den Jahrgängen 1974, 2000 und 2011 nicht eine einzige Flasche abgefüllt, weil die Qualitäten nicht den Anforderungen des Winzers entsprachen.

Beim Abschied machte ich Stephen Henschke noch ein Kompliment für die mit vielen nützlichen Informationen bestückte Verkostungsliste, wie ich sie in dieser Ausführlichkeit nirgendwo sonst in der weiten Welt des Weines vorgelegt bekam. Auf dem Weg zu meinem Wagen begleitete uns die glatthaarige Kleindackelhündin Charlotte, in der Nachfolge von Noodle bereits die Nummer Acht im Hause Henschke.

Einige Tage nach meinem Besuch in Keyneton treffe ich Stephen und Prue Henschke mit Freunden an einem ungewöhnlichen Ort. Die Henschkes haben uns in das Hill of Grace Restaurant zum Essen eingeladen, welches sich im VIP-Bereich des Adelaide Oval befindet. Wer erwartet schon in einer modernen Sportarena, die mehr als fünfzigtausend Zuschauern Platz bietet, ein anspruchsvolles Restaurant? In diesem Stadion spielt man vor allem Cricket und Australian Football, daneben auch Rugby, Tennis und Fußball. Außerdem finden dort Rock-Konzerte statt, was für die Henschkes einst von besonderer Bedeutung sein sollte. Im Jahr 1972 lud der junge Stephen seine Freundin Prue in das damals noch ursprüngliche Stadion zu einem Konzert der Rolling Stones ein. „Da hat es gefunkt“, erinnert sich Henschke mit einem schelmischen Lächeln. Dreiundvierzig Jahre später waren die Beiden dann im neu erbauten Oval Stadium bei einem Konzert der britischen Rocklegenden, wo sie in der Nordkurve in Reihe sechs ganz eng beieinander saßen und in musikalischen Erinnerungen à la Satisfaction und Jumpin´ Jack Flash schwelgten.

Zurück zum Hill of Grace Restaurant, welches von Dienstag bis Samstag an fünf Abenden und freitags zusätzlich auch zum Mittagessen geöffnet ist. Im Jahr 2014 wurde Stephen Henschke die Patenschaft für das neue Projekt angetragen, eine Einladung, die er erst nach einigem Zögern und ausgiebigen Gesprächen mit der Familie annahm. Henschke musste damals kein eigenes Geld in die Hand nehmen, aber sehr wohl Sorge dafür tragen, dass das Restaurant zu recht den Namen eines solch berühmten Weinbergs trägt. Heute ist es weltweit das einzige Lokal mit einer kompletten Sammlung des legendären Hill of Grace, die vom ersten Jahrgang 1958 bis zu den jüngsten Abfüllungen reicht.

In der Küche des modern eingerichteten Restaurants führt der von den Philippinen stammende Dennis Leslie das Kommando. Seinen Kreationen, die eine schmackhafte Symbiose aus klassisch französischer Cuisine und australischer Cross-Over-Küche bildet, ist es in erster Linie zu verdanken, dass das Hill of Grace Restaurant heute zu den besten Restaurants in Adelaide gezählt wird. Zu unserem achtgängigen Menü wählte der kongeniale Sommelier Siddarth Pachare jeweils einen erstaunlich gut passenden Henschke-Wein aus.

Vorab gab es einen besonderen Sekt, welcher Stephen Henschkes Großmutter Ilda Selma, einer geborenen Stanitzky, gewidmet ist. Erstmals aufgelegt wurde der aus sechzehn weiß gekelterten Pinot-Noir-Jahrgängen komponierte Schaumwein für das 140-jährige Weingutsjubiläum im Jahr 2008. Der blass Gold im Glas funkelnde Sekt, zeigt eine sehr feine Perlage und weist bei geringer Süße eine komplexe Frucht auf. Alle zwei Jahre gibt Stephen Henschke jeweils sechstausend Flaschen frei, die nahezu exklusiv von fünf bis sechs australischen Restaurants gekauft werden. Für das nächste Jubeljahr 2018 arbeitet man in Keyneton bereits an einem dann sogar aus achtzehn Jahrgängen bestehenden Festtrunk, dessen Trauben stets aus dem in den Adelaide Hills gelegenen Lenswood Vinyard stammen.

Zu Chicken Wing mit fermentierter Chillibutter gibt es den zart nach Rosenholz duftenden Gewürztraminer Joseph Hill aus dem Jahr 2016, der vegetabile Noten aufweist und feinherb nachklingt. Bereits vor hundert Jahren wurden in Henschkes Weinberg im Eden Valley die ersten Traminerreben von Joseph Hill Thywer gepflanzt, dem dieser Wein gewidmet ist.

Mit dem gebratenem Känguruh-Filet folgt ein außergewöhnlich schmackhaftes Gericht, das mit eingemachten Erdbeeren, Mandeln und einer Sauce aus Seegras und Sake verfeinert wurde. Der dazu gereichte Rotwein aus Johann`s Garden Jahrgang 2015, eine Cuvée aus siebzig Prozent Grenache, fünfundzwanzig Prozent Mourvèdre und etwas Shiraz, erweist sich mit seinen leicht rauchigen Brombeernoten und ausdrucksvollem Körper als perfekter Begleiter. Die frühen lutheranischen Siedler, die häufig den Vornamen Johann trugen, bezeichneten ihre Weinberge im Barossatal als ihre Gärten.

Ein weiteres Highlight war der nächste Gang, auf warmem Blattsalat servierte Baby-Tintenfische mit einer kräftigen dunklen Sauce, die durch getrocknete Coffin Bay Austern und eine Pilzbrühe zusätzliche Akzente erfuhr. Der hierzu ausgewählte 2004er Riesling Julius erwies sich aufgrund seiner eleganten Frucht als perfekt gereifter Wein im besten Elsässer Stil, allerdings mit deutlich weniger Restsüße, als es dort häufig üblich geworden ist. Der Name geht zurück auf den Großonkel von Stephen Henschke, der einst ein anerkannter Künstler und Bildhauer war.

Das mit Frühlingszwiebeln und einem verlorenen Ei dekorierte, gegrillte Schweinefleisch wurde von dem sanft nach Himbeeren und etwas Vanille duftenden 2014er Giles Pinot Noir aus dem Lenswood Vinyard auf vorzügliche Weise begleitet. Namensgeber war in diesem Fall Charles Giles, dessen Nachfolger das Gelände ab 1864 lange als Apfelplantage kultivierten.

Zum leckeren Murrylands Lammnacken mit hausgemachter saurer Crèmesauce servierte der Sommelier zwei sehr unterschiedliche Rotweine. Zum einen den fein gereiften Mount Edelstone aus dem Jahr 2002, der eine eindrucksvolle Eukalyptusnote verströmte und gleich daneben den noch etwas ungestüm wirkenden 2015er Henry´s Seven. Mit dieser Bezeichnung ehrt Stephen Henschke einen Pionier namens Henry Evans, der 1853 in Keyneton die ersten aus dem Rhônetal stammenden Rebsorten in Keyneton pflanzte. Ganz so wie es im nördlichen Teil der Rhône in Côte-Rôtie üblich ist, gibt Henschke diesem herzhaften Shiraz eine kleine Menge vom weißen Viognier mit in den Gärbottich und verschneidet ihn später mit Grenache und Mourvedre, die im südlichen Châteauneuf-du-Pape zuhause sind.

Das Rinderfilet, der zweite Hauptgang des Abends, reibt Leslie mit Cardammon ein und serviert dazu eine behutsam gegarte Folienkartoffel und einen nach Kaffee und Räucherspeck duftenden Jus. Ein äußerst phantasievoll komponiertes Gericht, das einen charaktervollen Wein verlangt, eine Anforderung die der vor Cassislikör und schwarzen Kirschen geradezu strotzende 2010er Hill of Grace mit Grandezza erfüllt. Ein perfekt balancierter Wein mit blendendem Entwicklungspotenzial.

Zwei edelsüße Weine begleiten die beiden letzten Gerichte des Abends: Während der 2013er Noble Rot Semillon mit feiner Frucht und ausbalancierter Säure zum Blue cheese ice-cream überzeugen kann, hat es das leicht malzig anmutende Pendant vom Gewürztraminer Jahrgang 2015 deutlich schwerer zu einem üppigen Schokoladegericht mit sehr süßer Mousse von Passionsfrucht.

Alles in Allem war es ein gastrosophischer Abend von beachtlicher Güte, wobei die Qualität der Speisen sicher mehr überraschte als die hinreichend überlieferte Güte der Weine von Steve Hentschke. Dieser vertraute mir auf dem Weg zum Hotel beiläufig an, dass er sich fortwährend Gedanken mache, wie man das Qualitätsniveau des Hill of Grace Restaurants dauerhaft sichern könnte. Am liebsten wäre es ihm, wenn es mit ein oder zwei Sternen im Guide Michelin verzeichnet wäre. Voraussetzung hierfür wäre allerdings, dass es von der französischen Feinschmecker-Bibel überhaupt eine australische Version gäbe.

Armin Diel verkostete zwei Vertikalen der beiden Spitzen-Rotweine von Stephen Henschke, die komplett aus Shiraz-Trauben gekeltert werden: Jeweils dreizehn Jahrgänge Mount Edelstone und Hill of Grace.

MOUNT EDELSTONE

2014 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Tiefdunkles Purpurrot mit kräftigen Lilareflexen; Eukalyptus pur im Duft, etwas Rosmarin und Sandelholz; kräftiger Körper, saftige Fruchtsüße, eleganter Körper, feiner Würze,bestens ausgewogene Tannine. 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum von 2020 bis 2035, 94 Punkte

2009 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Tiefdunkles Purpurrot mit deutlicher Lilaprägung; sehr ausdrucksstarkes Bukett, Schokolade, Schwarze Johannisbeere, Lakritze, Veilchen, gepaart mit Rosmarin und Thymian; opulente Fruchtfülle, würzige Tannine, kompakter Nachhall, exzellenter Wein! 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2035, 96 Punkte

2008 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Dichtes Purpurrot mit viel Lilareflexen; süßliche Anmutung im Duft, Schwarzkirsch, Cassis, etwas Sandelholz, geschmeidige Fruchtfülle, recht „süffiger“ Wein, mittlerer Nachhall. 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte

2007 Henschke Mount Edelstone Shiraz : Wieder gut gedecktes Purpurrot; erinnert im Duft an Schwarzkirsche, Zimt, Rosmarin und Thymian, trotz kräftiger Tannine eher von schlanker Statur, ausgewogener Nachhall. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 93 Punkte

2006 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Dichtes Purpurrot mit kräftigen Lilareflexen; eher diskretes Bukett, Tabak, etwas Zimt und Röstbrot; dezente Frucht, fein strukturierter Körper, gut eingebundene Tannine. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte

2005 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Dunkles Purpurrot mit deutlichen Lilareflexen; süßliche Noten von Datteln und Feigen, schwarze Olive, etwas Lakritze, opulente Fruchtfülle, balancierte Tannine, exzellenter Wein! 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 95 Punkte

2004 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Gut gedecktes Rubinrot mit Lilareflexen; duftet nach Rosinen, Himbeere, Rose und Wildkräutern; herzhaft rauchige Note, erstaunlich „schlank“ wirkend, herzhafter Abklang. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte

2002 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Gut gedecktes Rubinrot mit zarten Lilareflexen; dichtes Bukett, rauchige Vanillenote, Lakritze, etwas Teer, beste Balance von edler Fruchtsüße und feinrassigen Tanninen, mächtiger Wein mit langem Nachhall. 15% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2028, 94 Punkte

2001 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Gut gedecktes Rubinrot; duftet nach Minze, Rosmarin, Rose und Lakritze; kräftiger Körper, viel Würze, ausgeprägte Tannine, sehr guter Wein mit markantem Nachhall. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 94Punkte

2000 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Gut gedecktes Rubinrot; rauchige Noten im Duft, Lakritze, Anis, Orangenschale, etwas Trüffel, feuchtes Unterholz; gefällige Frucht, weiche Tannine, schöner Nachhall. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte

1999 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Gut gedeckte Farbe; geöffnetes Bukett, Sandelholz, schwarzer Pfeffer; kräftige Tannine, recht ausgewogene Frucht, etwas flüchtiger Nachhall. 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 89 Punkte

1998 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Gut gedecktes Rubinrot; wieder Lakritze und Kirschlikör, etwas Himbeere; zeigt interessante Würze, fein gereift, pikante Säure und Tannine. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 91 Punkte

1993 Henschke Mount Edelstone Shiraz: Mittleres Rubinrot mit bräunlichem Rand, erinnert an Backpflaume Lakritze und Rose, sehr duftig, ein Hauch Kirschlikör, deutlich gereift, feinherbe Tannine. 14,5% Alkohol. Sollte in den nächsten Jahren getrunken werden. 88 Punkte

HILL OF GRACE

2012 Henschke Hill of Grace Shiraz: Tiefes Dunkelrot mit kräftigen Lilareflexen; noch recht verschlossenes Bukett, viel Lakritze, Veilchen und Blaubeeren, eleganter Körper, sehr gute Struktur, alles auf Finesse poliert, zeigt derzeit nur einben Teil seines Potenzial, braucht Zeit. 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum von 2025 bis 2035, 96 Punkte

2010 Henschke Hill of Grace Shiraz:  Tiefdunkle Farbe mit deutlichen Lilareflexen; exotisch anmutendes Bukett, Zimt, etwas Cassislikör, Sandelholz, Pflaume und Blaubeere, bestens eingebundene Tannine, enormes Potenzial, very stylish! 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum von 2025 bis 2040, 99 Punkte

2009 Henschke Hill of Grace Shiraz: Tiefdunkle Farbe mit deutlichen Lilareflexen; Anflüge von Lavendel und Kräutern der Provence; Blaubeere, Cassis, feine Tanninstuktur, substanzreiche Fülle, etwas hitziger Abklang. 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2035, 97 Punkte

2008 Henschke Hill of Grace Shiraz:  Tiefdunkle Farbe mit zarten Lilareflexen; im Duft deutlich Minze und Kokosnuss, Lakritze, etwas Kümmel und Tee; mittelgewichtiger Köper, gute Balance. 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 94 Punkte

2007 Henschke Hill of Grace Shiraz:  Mitteltiefes Rubinrot; Sandelholz, Zimt, erdige Noten; mittlere Tiefe, etwas kühle Note, ausgewogen, recht herzhafte Tannine, passabler Nachhall. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 93 Punkte

2006 Henschke Hill of Grace Shiraz: Mitteltiefe Farbe; im Duft konkurrieren exotische Gewürzean Lakritze, Eukalyptus, Lilie und geröstetes Weißbrot; markante Art, herzhafte Tannine, würzige Kräuternote, mittlerer Nachhall. 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 95 Punkte

2005 Stephen Henschke Hill of Grace: Tiefdunkles Pupurrot mit leichtem Orangerand; im Duft konkurrieren exotische Gewürze wiwe Kardamon und Safran mit Eukalyptus um die Platzherrschaft, daneben etwas Cassis, Himbeere undRäucherspeck; süßliche Fülle, saftiger Körper, elegant und generös zugleich, ganz großer Wein!14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2040, 100 Punkte

2004 Henschke Hill of Grace Shiraz: Mitteltiefes Rubinrot; erinnert im Duft an Cassis, Blaubeere, etwas Trüffel;gut eingebundene Tannine, etwas gesetzte Art, mittlerer Nachhall. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 94 Punkte

2002 Henschke Hill of Grace Shiraz: Gut gedecktes Rubinrot; feine Sandelholznote, Schwarzkirsche, etwas Minze, Veilchen; saftige Fülle und Süße, feste Tannine noch sehr frisch, extrem seriöser Wein. 14,5% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 97 Punkte

2001 Henschke Hill of Grace Shiraz: Mitteltiefes Rubinrot; duftet nach Sandelholz, Schwarzkirsche und Kräutern der Provence: zeigt Fülle und Süße, sehr feiner Wein mit exzellentem Entwicklungspotenzial. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2035, 97 Punkte

1999 Henschke Hill of Grace Shiraz:  Gut gedecktes Rubinrot mit zartem Orangerand; konzentriertes Bukett, erinnert an Blaubeeren, Schwarze Oliven Lakritze; ein sehr eleganter Wein von vielschichtiger Struktur. 14% Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 97 Punkte

1998 Henschke Hill of Grace Shiraz: Mitteltiefes Kaminrot; gut geöffnetes Bukett, Blaubeere, Lakritze; weiche Tannine, runder Körper, sehr eleganter Wein, hat seine perfekte Trinkreife erreicht. 13,5 % Alkohol. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 93 Punkte

1986 Henschke Hill of Grace Shiraz: Helles Kaminrot mit deutlichem Orangerand; erinnert an Pflaume, Zimt, etwas Liebstöckel (Maggikraut); sehr reif, süßliche Note, deutlich gezehrte Frucht. 12,5% Alkohol. Sollte in den nächsten Jahren getrunken werden. 88 Punkte

Erstabdruck in FINE Das Weinmagazin 4|2017