Domaine Méo-Camuzet, Vosne-Romanée

Im Geist seines Mentors zu eigener Größe gefunden: Jean-Nicolas Méo von der Domaine Méo-Camuzet

Als Henri Jayer, eine der legendären burgundischen Winzerpersönlichkeiten des zwanzigsten Jahrhunderts, seine vormals gepachteten Weinberge an die  Domaine Méo-Camuzet zurückgab, wurde in der Geschichte des Gutes ein neues Kapitel aufgeschlagen. Es begann im Jahr 1989, als der in Paris aufgewachsene, damals fünfundzwanzigjährige Jean-Nicolas Méo nach Vosne-Romanée kam, um den Ruf des väterlichen Weinguts aufzupolieren. Unter der Obhut seines Mentors Jayer wurde damit der Grundstein für eine der bemerkenswertesten Erfolgsgeschichten der Côte d’Or gelegt. 

Es war an einem verschneiten Novembertag des Jahres 1989, nur wenige Tage nach dem Fall der Berliner Mauer. Auf meiner alljährlichen Verkostungstour durch Burgund machte ich erstmals Station in der Domaine Méo-Camuzet, von der man sich zuraunte, dass sich dort seit der Ankunft des jungen Jean-Nicolas Méo ein erstaunlicher Wandel im Gange sei. Mit dabei war der Kaiserstühler Winzer Wolf-Dietrich Salwey, der damals häufiger nach Burgund reiste, um sich Anregungen für die eigene Rotwein-Erzeugung zu holen. Mit einer gläsernen Pipette reichte Jean-Nicolas Méo uns Fassweine des Jahrgangs 1988, die größtenteils in funkelnagelneuen Pièces gelagert waren. Obschon die französische Presse den Jahrgang mit reichlichen Vorschusslorbeeren bedacht hatte, waren wir skeptisch. Etliche Weine fielen durch ein ungewöhnliches Bukett auf, bei einigen machte sich eine gewisse Strenge im Abgang bemerkbar. Mir fiel auf, dass Wolf-Dietrich Salwey sein Glas immer wieder aufs Neue zur Nase führte und dabei das Gesicht verzog.  Während Méo den nächsten Wein holte, flüsterte er mir zu: „Riechst du denn nicht den deutlichen Böckser?“ Das ist ein an faule Eier erinnerndes Reduktionsaroma, welches bei jungen Weinen durch die Anwesenheit schwefelhaltiger Substanzen entstehen kann. Der Name rührt daher, dass der Geruch mitunter an Ziegenbock erinnert. „Sei bloß still“, zischte ich Wolf-Dietrich an, „ich möchte schließlich wiederkommen dürfen!“ Doch der ließ nicht locker: Beim nächsten Wein ließ er unbemerkt einen Kupferpfennig in sein Glas fallen und schnupperte intensiv daran. Triumphierend hielt er es mir entgegen, und tatsächlich präsentierte sich der Wein jetzt glockenklar, der kleine Fehlton war gänzlich verschwunden. „Das ist ein gutes Zeichen“, dozierte der Kaiserstühler Winzer mit sonorer Stimme, „mit einer minimalen Kupferschönung kann man das in Ordnung bringen!“ Ich bestand weiterhin darauf, diese heikle Frage nicht mit dem jungen Méo zu diskutieren, der unseren kleinen Disput diskret verfolgte. Zunächst war mir unklar, ob er die Details unserer Diskussion verstanden habe, was mir einigermaßen peinlich gewesen wäre. Meine Befürchtung wurde zur Gewissheit, als Jean-Nicolas Méo sich mit dem folgendem Satz in beinahe akzentfreiem Deutsch und mit leicht verschmitzter Miene verabschiedete: „Wir werden unsere Weine ganz gewiss nicht mit Kupfer schönen, Monsieur Diel!“

Die Geschichte des Weinguts Méo-Camuzet ist recht schnell erzählt, denn als klassischer Erzeugerbetrieb existiert es quasi erst seit den 1980er Jahren. Die Anfänge gehen zurück auf Etienne Camuzet, der von 1902 bis 1932 als Abgeordneter seine burgundische Heimat in der französischen Nationalversammlung in Paris vertrat. Mit einem untrüglichen Gespür dafür, dass es in wirtschaftlich unsicheren Zeit lohnend sein könnte, in Grund und Borden zu investieren, kaufte er an der Côte de Nuits einen Weinberg nach dem anderen. 1920 erwarb er auch das Schloss von Clos de Vougeot, das er vierundzwanzig Jahre später an die Société civile des Amis du Château du Clos de Vougeot, die Freunde von Clos de Vougeot, verkaufte. Diese wiederum  gewährten der Weinbruderschaft der Chevaliers de Tastevin ein Nutzungsrecht für neunundneunzig Jahre. Als Etienne Camuzet 1946 verstarb, erbte seine Tochter Maria Noirot das Weingut. Da sie kinderlos blieb, kam das Gut nach ihrem Tod 1959 in den Besitz des in Vosne-Romanée geborenen Neffen Jean Méo, dessen Familie aus Nordburgund stammte. Wie einst Etienne Camuzet lebte auch er in Paris, wo er unter anderem als technischer Berater der Regierung von Charles de Gaulles tätig war.

Da sich Jean Méo nicht selbst um die Weinberge kümmern konnte, verpachtete er sie an umliegende Winzer wie Henri Jayer, Jean Tardy sowie Jean und Jacques Faurois. Im Unterschied zu einer häufig nur wenige Jahre dauernden Fermage, bei welcher der Pächter für die Überlassung des Weinbergs einen jährlichen Geldbetrag zahlt, bevorzugte Jean Méo die in Burgund auch heute noch übliche Variante einer zumeist längerfristig angelegten Naturalpacht. Bei der so genannten Métayage stellt der Eigentümer dem Pächter einen Weinberg zur Verfügung, im Falle einer Neupflanzung übernimmt er die hierfür anfallenden Kosten. Im Gegenzug erhält er einen Teil der Ernte, der je nach Verhandlungsgeschick und Klassifikation des Weinbergs zwischen einem Drittel und der Hälfte des Ertrags liegt. Fünfundzwanzig Jahre lang verkaufte Jean Méo seinen Anteil als Fassware an den Weinhandel, was sich erst 1983 änderte, als die ersten Weine unter dem Namen der Domaine Méo-Camuzet abgefüllt wurden. Auslaufende Pachtverträge wurden ab dem Jahr 1988 nicht mehr verlängert, sie kamen damit in die Bewirtschaftung durch das Weingut zurück.

Für Jean-Nicolas Méo war es von unschätzbarem Wert, dass er von Anfang an auf den Rat von Henri Jayer zählen konnte, der mehr als vierzig Jahre lang Pächter einiger der vorzüglichsten Méo-Weinberge war, wozu auch der Grand Cru Richebourg und der Premier Cru Cros Parantoux zählten. Der im Herbst 2006 im Alter von vierundachtzig Jahren verstorbene Jayer war einer der großen burgundischen Weinmacher seiner Zeit, dem es meisterhaft gelang, traditionelle Methoden mit der Moderne zu verbinden. Vor der alkoholischen Gärung setzte er auf eine Kaltmazeration der Trauben in Zementtanks, beim Ausbau der Weine spielten neue Eichenfässer eine wichtige Rolle. Die Besonderheit des Jayer-Stils beruhte darauf, dass seine Weine einerseits eine phantastische Frische aufwiesen und zugleich von einer saftigen Fülle und enormen Seidigkeit der Tannine geprägt waren. In der großen Welt der Weine genießen seine besten Jahrgänge bis heute einen monumentalen Ruf, der mitunter sogar den der Domaine de la Romanée-Conti übertrifft. Bei einer Versteigerung des Auktionshauses Hart-Davis-Hart kamen Anfang Februar dieses Jahres in Chicago zwölf Flaschen des 1990er Vosne-Romanée Premier Cru Cros Parantoux von Henri Jayer unter den Hammer, die den phänomenalen Preis von 86.400 Euro erzielten, was einem Flaschenpreis von 7.200 Euro entspricht. Dieses Resultat ist umso überraschender, als der gleichermaßen ausgebotene Grand Cru La Tâche von Romanée-Conti aus dem Spitzenjahr 1999 ebenso für 2.400 Euro den Besitzer wechselte wie der legendäre 1982er Pétrus aus Pomerol. Beide Ikonen erlangten also gerade einmal ein Drittel des Jayer-Preises!

Jean-Nicolas Méo

An die gemeinsamen Jahre mit Henri Jayer denkt Jean-Nicolas Méo mit großer Dankbarkeit zurück. Von ihm hat er unter anderem gelernt, mit der Natur so schonend wie möglich umzugehen. Je nach Neigungswinkel des jeweiligen Weinbergs changiert Méos Bewirtschaftungsweise heute zwischen ökologisch und kontrolliert umweltschonend. Vor allem in schwierig erreichbaren Lagen setzt er gern ein Pferd zur Bodenbearbeitung ein. Allerdings kritisiert er die entsprechenden Dienstleister als „Träumer“, die oft mehr Aufträge annehmen als sie überhaupt abwickeln können. Verantwortlich für den technischen Bereich der Domaine Méo-Camuzet ist seit 1989 Christian Faurois, ein burgundischer Winzersohn, der wie auch sein Vater einst  zu den Pächtern der Méo-Weinberge zählte. Heute sind übrigens nur mehr zweieinhalb Hektar Rebfläche verpachtet – an Emmanuel Rouget, einen Neffen von Henri Jayer.

Obschon es in Burgund keine obligatorische Vorschrift für die Handlese gibt, kommt für Jean-Nicolas Méo, der in Dijon sein Diplom als Weinbautechniker erworben hat, nichts anderes in Frage. In neun von zehn Jahren sei der Reifegrad des Leseguts derart heterogen, dass eine Maschinenlese fast zwangsläufig zu unbefriedigenden Resultaten führe. Eine penible Sortierung sei dann jedenfalls nicht mehr möglich. An der Côte d’Or formiere sich übrigens gerade eine Initiative von Spitzenbetrieben, die sich für ein Verbot von Lesemaschinen stark machen will.

Optische Sortiermaschinen, die in den letzten Jahren zunehmend vor allem in größeren Betrieben eingesetzt werden, findet Jean-Nicolas Méo zwar recht interessant, doch könnten sie degenerierte Traubenteile nicht immer zweifelsfrei identifizieren. Dafür nimmt er in Kauf, dass bei der Handselektion einiges mehr an Menge verloren geht. Je nach Jahrgang und Appellation seien dies zwischen fünf und zwanzig Prozent der Ernte. Diesen wichtigen Vorgang, an dem vier bis acht Mitarbeiter im Kelterhaus beteiligt sind, überwacht Jean-Nicolas Méo höchstpersönlich, damit nur ja keine einzige zweifelhafte Beere in den Gärbottich gerät. Auf dem Weg dorthin werden die Trauben entrappt und leicht geschwefelt. Mitunter gibt er bis zu zehn Prozent der Ernte als ganze Trauben in die Maische, Versuche mit größeren Anteilen hätten qualitativ aber keine besseren Ergebnisse gezeitigt. Nach einer vier bis fünf Tage währenden kühlen Mazeration startet die alkoholische Gärung in den Zementtanks ausschließlich mit natürlichen Hefen und dauert sechzehn bis zwanzig Tage. Zurückhaltender als früher und eher am Ende der Fermentationsperiode setzt Jean-Nicolas Méo die so genannte Pigeage ein, womit das Unterstoßen des während der Gärung oben schwimmenden Maischehutes bezeichnet wird.  Danach wird der Jungwein abgezogen und die Maische in einer pneumatischen Presse gekeltert. Später wird der Presswein mit dem frei abgelaufenen Wein wieder vereint.

Zu Henri Jayers Philosophie zählte auch der forcierte Einsatz neuer Eichenholzfässer. „Weniger, um den Weinen damit Röstnoten zu verleihen,“ erläutert Méo. Dies geschehe eher aus hygienischen Gründen und um dem Wein eine gewisse Oxydation zu ermöglichen, was für seine weitere Entwicklung sehr wichtig sei. Für die vier Grands Crus der Domaine Méo-Camuzet werden die Pièces alljährlich komplett erneuert, bei den Premiers Crus liegt der Anteil bei zwei Dritteln, bei den Ortsweinen sind es nur noch dreißig Prozent. Hingegen erfolgt der Ausbau des gefälligen Weißweins Hautes Côtes de Nuits Clos Saint Philibert vollständig in gebrauchten Fässern.

Die Herkunft des Holzes spielt eine ebenso wichtige Rolle wie die Intensität des Toastings. Jean-Nicolas Méo bevorzugt Eichen aus dem Tronçais im Zentralmassiv und aus den Wäldern von Bertranges in der Nähe von Nevers. Im Gegensatz zu Jayers Empfehlung, der kräftig geröstete Fässer bevorzugte, tendiert Méo heute eher zu einem leichteren Toasting. Die Aromen von Vanille, Lakritze und Mokka vereinten sich dann weitaus vorteilhafter mit den Duftkomponenten seiner Weine. Nach einer Ausbauzeit von fünfzehn bis achtzehn Monaten, in deren Verlauf sich der Biologische Säureabbau vollzieht, werden die Weine abgefüllt. Seit Ende der 1990er Jahre verzichtet Jean-Nicolas Méo vollständig auf Schönungsmittel und filtert die Weine auch nicht mehr.

In den Gemeinden Vosne-Romanée, Chambolle-Musigny, Nuits-Saint-Georges und Fixin vinifiziert die Domaine Méo-Camuzet Weine aus nicht weniger als zehn Premier-Cru-Lagen, von denen der unmittelbar an den Grand Cru Richebourg angrenzende Cros Parantoux eine Sonderstellung einnimmt. Nicht ohne Hintersinn schreibt die Domaine auf ihre Homepage, dies sei offiziell zwar ein Premier Cru, von der Klasse her aber ein Grand Cru! Das jüngste Auktionsergebnis für den Jahrgang 1990 belegt, dass die Reputation dieses Weinbergs unzertrennlich mit dem Namen Henri Jayer verbunden ist. Von der Exposition her ist der Cros Parantoux leicht nach Osten geneigt und zählt mit seinem kalkhaltigen Boden eher zu den kühleren Standorten in Vosne-Romanée. Aufgrund einer etwas kräftigeren Säure wirkt der Wein in manchen Jahren anfangs etwas unnahbar, dafür ist das Entwicklungspotential um so größer. Hingegen bringt diese Konstellation in heißen Jahren wie 2003 einen enormen Vorteil mit sich. „Wir sind glücklich, dort eine Rebfläche von dreitausend Quadratmetern bewirtschaften zu können,“ versichert Jean-Nicolas Méo, „in keiner Lage erzeugen wir weniger, aber darauf sind wir dann ganz besonders stolz!“

Darüberhinaus besitzt die Domaine Méo-Camuzet insgesamt viereinhalb Hektar Rebfläche auf Grand-Cru-Terrain, wovon der Weinberg im Clos de Vougeot allein zwei Drittel ausmacht. Je ein knappes Hektar befinden sich im Corton in Ladoix und im Echezeaux in Vosne-Romanée. Primus inter pares ist zweifellos der ebenfalls in Vosne-Romanée gelegene Richebourg,  der mit einer erstaunlichen Konstanz überaus komplexe und langlebige Weine hervorbringt. Schon in der Jugend zeigen sie sich von ihrer verlockenden Seite und entwickeln nach einigen Jahren der Flaschenreife eine geradezu perfekte Harmonie. Allerdings besitzt die Domaine im Richebourg nur dreitausendvierhundert Quadratmeter, was selten mehr als tausend Liter Wein in fünf Pièces erbringt. Ganz anders sehen die Verhältnisse im Clos de Vougeot aus, wo das Weingut mit drei Hektar Rebfläche zu den größeren Besitzern zählt und förmlich aus dem Vollen schöpfen kann. Kenner dieser berühmten Lage sind sich einig, dass die Reben rund um das Schloss das beste Terroir vorfinden, und genau dort liegt der Löwenanteil von Méos Parzellen. Die Weine aus dem Clos de Vougeot haben in der Regel etwas weniger Säure als andere Grands Crus und wirken dadurch eher reif im Stil. Eine im Jahr 2009 durchgeführte Vertikalverkostung von insgesamt zehn Jahrgängen Clos de Vougeot offenbarte das phantastische Aromenspektrum der Lage, das je nach Jahrgang von roten und blauen Früchten über Schokolade und Pflaume bis zu Holunder und Muskatnuss changiert. Erstaunlicherweise konnte der allgemein als überreif und zu alkoholbetont geschmähte Jahrgang 2003 mit seiner faszinierenden Fülle und seinem großartigen Nachhall brillieren. Ein absoluter Ausnahmewein, der an berühmte Vorgänger aus den 1940er Jahren erinnert, etwa den 1945er oder den 1947er! Erwartungsgemäß war der großartige 2005er der kompletteste Wein der Verkostung. Auch die Jahrgänge 1999 und 2002 wurden ihrem hervorragenden Ruf gerecht, gefolgt von den überraschend gelungenen Exemplaren aus 2000 und 2006. Selbst die Weine aus vermeintlich kleineren Jahrgängen wie 1997, 1998, 2001 und 2004 zeigten sich in respektabler Verfassung. Der im vergangen November verkostete 2009er besitzt das Potential, zu den ganz großen Jahrgängen der beiden letzten Jahrzehnte aufzuschließen. 

Um regelmäßig Trauben zukaufen zu können,  gründete Jean-Nicolas Méo 1999 gemeinsam mit seinen beiden in Paris lebenden Schwestern das Handelshaus Méo-Camuzet Frère & Soeurs. Diese Weine werden mit der gleichen Sorgfalt wie die Gutsweine ausgebaut und mit einem leicht modifizierten Etikett vermarktet. Angesprochen auf zukünftige Projekte wird Jean-Nicolas Méo dann etwas nachdenklich. „Da warten wir erst einmal ab, wie das mit der endgültigen Nachfolgeregelung vonstatten geht!“ Bislang gehört das zwanzig Hektar große Weingut nämlich immer noch Vater Jean, der sich obendrein den Nießbrauch für bereits übertragene Anteile vorbehalten hat.

Es ist mehr als verständlich, dass Jean-Nicolas Méo, der für das väterliche Weingut über fünfundzwanzig Jahre hinweg eine großartige Aufbauarbeit geleistet hat und im kommenden Jahr fünfzig wird, irgendwann Gewissheit braucht. Auch für seine drei Söhne, die zwischen zwölf und neunzehn Jahren alt sind.

Zwei Drittel der Méo-Weine gehen heute in den Export, wichtigste Märkte sind die Vereinigten Staaten, Japan, Großbritannien und Deutschland, die zusammen etwa ein Drittel der Gesamterzeugung aufnehmen. Danach folgen mit Belgien und der Schweiz zwei kleinere, aber sehr treue Abnehmerländer für feinen Pinot Noir. Deutlich ansteigend ist der Absatz auf den Zukunftsmärkten China, Hongkong und Taiwan, wo Jean-Nicolas Méo noch erhebliches Entwicklungspotential sieht. Froh ist er gleichwohl, dass der Privatkunden-Anteil  stabil bei fünf bis sechs Prozent geblieben ist. „Da bekommen wir direkte Rückmeldungen von Kunden, die in den letzten Jahren sehr viel kritischer geworden sind!“

In der bäuerlich strukturierten Bourgogne wirkt der sensible Jean-Nicolas Méo beinahe wie ein Fremdkörper. Zerstreuung sucht er beim Radfahren und das Sammeln alter Bücher aus dem 18. Jahrhundert zählt er ebenso zu seinen Hobbies wie – man höre und staune – die Arbeit im Garten: Er habe einfach eine besondere Affinität zu Pflanzen! Daneben spielt der blendend aussehende Winzer gern Klavier, was er laut eigener Bekundung aber noch ein ganzes Stück besser beherrschen möchte. Auch hier zeigt sich sein Hang zur Perfektion, der einer seiner signifikanten Charakterzüge zu sein scheint. Wenn seine Zeit es zulässt, wird ihm auch das gelingen – genauso wie er die Böcksertöne aus seinen Weinen verbannt hat, ohne sie mit Kupfer zu schönen. 

Armin Diel verkostete die großartigen Rotwein der Domaine Méo-Camuzet in Vosne-Romanée, darunter eine Vertikale von Clos Vougeot Grand Cru aus den Jahrgängen 1997 bis 2010

Jahrzehntelang waren die Weinberge von Etienne Camuzet an benachbarte Winzer verpachtet. Darunter war auch der legendäre Henry Jayer, der den jungen Jean-Nicolas Méo ab Mitte der1980er Jahre beim Aufbau der Domäne Méo-Camuzet mit Rat und Tat zu Seite stand. Zum legendären Jayer-Stil zählte, dass die Weine belebende Frische und generöse Fülle zugleich aufwiesen. Der Einsatz von neuen Eichenfässern spielte damals wie heute beim Ausbau der Weine eine wichtige Rolle.

2010 NUITS-SAINT- GEORGES: Würziger Duft von Himbeere und Holunder, feinherbe Frucht, ein Hauch von Roter Bete und Gewürznelke, eher mittelgewichtiger Körper, dezenter Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 89 Punkte

2009 NUITS-SAINT- GEORGES: Deutlicher Ausdruck von Haselnussschokolade und Marzipan im Duft, etwas Lorbeer und Zimt, recht guter Fond, ausgewogener Körper, etwas Weihrauch im Abklang. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 89 Punkte

2010 VOSNE-ROMANEE: Duftet nach Brombeere und getrockneter Feige, recht pikante Frucht, Piment, Gewürznelke und Zimt vermählen sich mit animalischen Tönen, feinherbes Säurespiel, ausgewogen. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 90 Punkte

2009 VOSNE-ROMANEE: Etwas kühler wirkendes Bukett, Holunderbeere, Rosmarin und Walnuss dominieren, feinherbe Frucht, eleganter Körper, reife Tannine, ansprechender Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 89 Punkte

2010 VOSNE-ROMANEE PREMIER CRU LES CHAUMES: Erinnert im Duft an Haselnussschokolade und schwarze Kirsche, ausgewogene Fruchtstruktur, kräftiger Körper, feinherbe Tannine, etwas Veilchen und Rosmarin, guter Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 90 Punkte

2009 VOSNE-ROMANEE PREMIER CRU LES CHAUMES: Deutliche Vanilleprägung im Bukett, ein Hauch von Wacholder und Zimt, belebende Frucht, pikantes Säurespiel, ein Hauch von Lebkuchengewürz im Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 91 Punkte

2008 VOSNE-ROMANEE PREMIER CRU LES CHAUMES: Duftet nach Kakao und Bitterschokolade, etwas Heu und Lindenblüte, mittlerer Körper, Holunderbeere und Lakritze, ausgewogene Tannine, guter Fond, nachhaltig. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 89 Punkte

2010 NUITS SAINT-GEORGES PREMIER CRU LES MEURGERS: Sehr delikates Bukett, zarte Vanillenote, Flieder, Kirsche und Johannisbeere, Frucht und  Tannine vermählen sich bestens, ausgewogene Struktur, recht eleganter Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 90 Punkte

2009 NUITS-SAINT-GEORGES PREMIER CRU LES MEURGERS: Zartcremige Schokoladenote im Duft, Brombeere und schwarze Johannisbeere, elegante Fruchtfülle, fein gewobene Tannine, sehr ausgewogen, leichte Tabaknote im Abklang.  Bester Trinkzeitraum bis 2025, 91 Punkte

2010 NUITS-SAINT-GEORGES PREMIER CRU LES BOUDOTS: Diskreter Duft von schwarzen Früchten, Kirsche, Brombeere, etwas Holundermark, delikates Fruchtspiel, mittelgewichtig, ein Hauch von Veilchen und Rosmarin im Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 90 Punkte

2009 NUITS-SAINT-GEORGES PREMIER CRU LES BOUDOTS: Rauchiger Vanilleduft, etwas Kakao und Zedernholz, feincremige Fruchtwürze, eleganter Körper, bestens eingebundene Tannine, im Nachhall etwas Pfeffer, Gewürznelke und Zimt. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte

2008 NUITS-SAINT-GEORGES PREMIER CRU LES BOUDOTS: Wieder dezenter Vanilleduft, diesmal hinterlegt von Himbeere und Kirsche, recht gute Konzentration, leicht karamellige Frucht, pflanzliche Noten, mittlerer Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 90 Punkte

2010 CORTON CLOS DE ROGNET GRAND CRU: Duftet nach Preiselbeere und Haselnussschokolade, bei aller Fülle eine sehr feine Struktur, elegantes Säurespiel, ein Hauch von Kardamon und Wacholder, pikanter Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 91 Punkte

2009 CORTON CLOS DE ROGNET GRAND CRU: Sehr ausdrucksstarkes Bukett, viel Vanille und Schwarze Johannisbeere, etwas Kirsche, breitschultriger Körper, bestens eingebundene Tannine, eleganter Nachhall, bestes Entwicklungspotenzial. Bester Trinkzeitraum bis 2028, 93 Punkte

2008 CORTON CLOS DE ROGNET GRAND CRU: Markante Vanillenote im Duft, etwas Süßholz und Erdbeere, ausgesprochen feste Struktur, markante Tannine, , rote Früchte, ein Hauch von Eukalyptus und Kerbel, etwas kühler Abklang. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 90 Punkte

2010 VOSNE-ROMANE PREMIER CRU LES BRÛLEES: Leicht rauchiges Bukett, noch etwas verschlossen, Anklänge von Schwarzer Kirsche und Preiselbeere, feinherbe Frucht, kerniger Charakter, hat noch Ecken und Kanten, braucht Zeit. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 91 Punkte

2009 VOSNE-ROMANE PREMIER CRU LES BRÛLEES: Superfeines Bukett, vollreife Brombeere und Schwarze Johannisbeere, eleganter Körper, zartsüße Fruchtfülle, bestens integrierte Tannine, feinste Balance, langer und saftiger  Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 90 Punkte

2010 VOSNE-ROMANE PREMIER CRU AU CROS PARANTOUX: Recht verschlossenes Bukett, etwas Weihrauch und Lakritze, elegante Struktur, dabei dichte Frucht, Kirsche und Holunderbeere, feinherbe Tannine, dürfte sich im Laufe der Jahre bestens entwickeln. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 93 Punkte

2009 VOSNE-ROMANE PREMIER CRU AU CROS PARANTOUX: Geradezu aristokratisches Bukett, feinste Preiselbeernote, Schwarze Kirsche und Brombeere, seidige Fruchtfülle, bestens eingebundene Tannine, alles auf Finesse gearbeitet, ein großer Wein. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 95 Punkte

2008 VOSNE-ROMANE PREMIER CRU AU CROS PARANTOUX: Deutlich diskreteres Bukett, etwas Preiselbeere, Himbeere und etwas Veilchen, konzentrierte Frucht, anklingende Süße, pikantes Säurespiel, ein Hauch Holunderbeere,  feinrassiger Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 92 Punkte

2010 ECHEZEAUX GRAND CRU: Feinduftiges Bukett, das zwischen Rosen und Preiselbeeren changiert, feine Fruchtstruktur, Himbeere, rote Kirsche, etwas geriebene Orangenschale, ausgewogene Frucht, delikater Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 93Punkte

2009 ECHEZEAUX GRAND CRU: Duftet wunderbar nach Schokolade und Mokka, man erwartet deshalb eine supersaftige Struktur, ist dann aber überrascht von der strahlenden Eleganz,  großartiges Fruchtspiel, feinste Tanninwürze, wunderbarer Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 94 Punkte

2007 ECHEZEAUX GRAND CRU: Ein Anflug von Haselnussschokolade und Vanille im Duft, mittlere Fruchttiefe, etwas stark vom neuen Holz geprägt, ein Hauch Flieder, Rosmarin und Schlehe, recht pikante Tannine, passabler Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 89 Punkte

2010 RICHEBOURG GRAND CRU: Edler Vanilleduft, deutlich Brombeere, ein Hauch von Cassis, konzentrierte Fruchtfülle, pikante Tanninstruktur, sehr ausgewogener Körper, Holunderbeere, etwas Trüffel, feiner Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 93 Punkte

2009 RICHEBOURG GRAND CRU: Sehr beeindruckendes Bukett, reife Schwarzkirsche und Blaubeere, großartige Fruchtfülle,  süßliche Anmutung von Haselnussschokolade, bei aller Wucht super elegant, feinste Tanninstruktur, glänzendes Potenzial. Bester Trinkzeitraum bis 2035, 96 Punkte

2008 RICHEBOURG GRAND CRU: Kompaktes Bukett,  wieder ein an Anflug von Schokolade, aber auch von Brombeere und Veilchen, eleganter Körper, geschmeidige Frucht, bestens balancierte Tannine, etwas Lakritz im Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 93 Punkte

2010 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Recht komplexes Bukett, duftet nach Brombeere und Pflaume, reichhaltige Fruchtfülle, zart anklingende Süße, ein Hauch Banane und Brombeere, ausgewogene Tannine, saftiger Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte

2009 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Prächtiges Bukett, deutlich Blaubeere, Schwarzkirsche und Schokolade, zartschmelzige Fruchtsüße, belebende Mineralität, etwas Zimt, Wacholder und Tabak, hat viel Potenzial, langatmiger Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 94 Punkte

2008 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Duftet nach Brombeere, Holunder und Schokolade, recht stoffiger Körper, ein Anflug von Pflaume und gegrillter Esskastanie, herzhafte Frucht, markante Tannine, feinherbe Note im Abklang. Bester Trinkzeitraum bis 2022, 91 Punkte

2007 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Recht verhaltenes Bukett, etwas rote Früchte wie Himbeere und roter Johannisbeere, überraschend stoffiger Körper, dabei elegant in der Fruchtausprägung,  herzhafter Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 92 Punkte

2006 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Delikates Bukett mit Vanille- und Himbeertönen, anklingende Fruchtsüße, etwas Schwarze Johannisbeere und Erdbeere, überraschend viel Körper für einen mittelmäßigen Jahrgang, feinherbe Tannine, ein Klassiker. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 93 Punkte

2005 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Zartcremiges Bukett, duftet nach allerfeinster Haselnussschokolade und Schwarzer Johannisbeere, seidige Fruchtfülle, überaus samtige Tannine, sehr elegante Vanillenote, großartiger Nachhall, ein Wein nahe der Perfektion. Bester Trinkzeitraum bis 2040, 98 Punkte

2004 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Diskretes Bukett mit einem Anflug von Paprika und Teer, überraschend gute Reife für den Jahrgang, mittelgewichtiger Körper, pikante Tanninwürze, etwas Wacholder und Sternanis, etwas grün im Abklang. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 90 Punkte

2003 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Eindeutig von sehr reifem Lesegut geprägter Jahrgang, etwas hitziger Körper, dabei aber keine Spur pflaumig oder alkoholisch, süßliche Fruchtfülle, enorme Konzentration, generöser Nachhall, ein Ausnahmewein. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 96 Punkte

2002  CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Im Duft ein wahrer Korb von roten und blauen Früchten: Himbeere, Brombeere und Kirsche, edle Fruchtfülle, feinrassige Eleganz, seidige Tannine, zarte Tabaknote, verspielter Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 94 Punkte

2001 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Etwas verschlossener Duft, ein Hauch von Tabak, Vanille und blauen Früchten, ausgewogene Fruchtstruktur, eher herzhafte Tannine, ein belebender Wein, der noch etwas Entwicklungszeit verlangt. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 93 Punkte

2000 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Überraschend jugendliches Bukett für einen Jahrgang, der allgemein schnell heranreift, etwas Erdbeere, Süßholz und Rote Bete, süßliche Frucht, bestens eingebundene Tannine, saftiger Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2025, 93 Punkte

1999 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Fein gereiftes Bukett, süßlicher Duft von Brombeere, Tabak und Veilchen, samtige Fruchtfülle, eleganter Körper,  konterkariert durch markante Tannine, hat durchgängig Rasse und Nerv. Bester Trinkzeitraum bis 2030, 94 Punkte

1998 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Duftet nach Waldboden und Wildbret, etwas Piment, Wacholder und Muskatnuss, recht feine Fruchtstruktur, dabei etwas strenge Tannine, dennoch ansprechend im Stil, mittlerer Nachhall. Bester Trinkzeitraum bis 2020, 91 Punkte

1997 CLOS VOUGEOT GRAND CRU: Diskreter Duft von Veilchen und Himbeere, ein Hauch von Tabak, delikate Frucht, sehr ausgewogener Körper, weiche Tannine, hat sich bestens entwickelt und nähert sich seinem Höhepunkt. Bester Trinkzeitraum bis 2018, 90 Punkte

Erstabdruck in FINE Das Weinmagazin 1/2013

Fotos: BERNDT HOCHMANN