Die Legende Dom Pérignon

Dom Pérignon ist das Flaggschiff des zum Luxuskonzern LVMH gehörenden Hauses Moet & Chandon, welches mit geschätzten vierzig Millionen Flaschen pro Jahr mit Abstand größter Hersteller in der Champagne ist. Moet & Chandon besitzt eintausendzweihundert Hektar Weinberge, wovon sich die Hälfte auf Grand-Cru-Terrain befindet. Dieser stattliche Besitz deckt aber nur den geringeren Anteil der benötigten Traubenmenge. Zum LVMH-Konzern, der insgesamt rund ein Viertel aller Champagner herstellt, gehören ebenfalls die Häuser Veuve Cliquot, Ruinart, Mercier und seit einigen Jahren auch die Nobelmarke Krug.  Um die Exklusivität von Dom Pérignon deutlicher zu unterstreichen geht die Politik bei Moet & Chandon seit einigen Jahren in die Richtung, Dom Pérignon als separates Champagner-Haus darzustellen.

Die Marke geht zurück auf den Benediktinermönch Pierre Pérignon, einer der Pioniere des Weinbaus in der Champagne, dessen Gebeine in der Abtei von Hautvillers, wenige Kilometer oberhalb von Epernay, aufbewahrt werden. Der erste Dom Pérignon benannte Champagner entstand im Jahr 1921.

Abtei von Hautvillers

Dom Pérignon wird aus den besten Trauben besonderer Jahrgänge kreiert, die ausschließlich aus Ortschaften stammen, die gemäß der historischen Klassifikation als Grand Cru und Premier Cru eingestuft sind. In aller Regel wird Dom Pérignon zu gleichen Teilen aus Pinot  Noir und Chardonnay komponiert. Insofern zählen Jahrgänge wie 1980 und 1982 zu den Ausnahmen, in denen zum einen der Pinot Noir mit sechzig Prozent und zum anderen der Chardonnay mit der gleichen Prozentzahl dominierte. 

Entspricht die Qualität eines Jahrgangs nicht den hohen Anforderungen des Kellermeisters, dem Chef de Caves, gibt es keinen Dom Pérignon; die Trauben finden dann anderweitig im Konzern Verwendung. So geschehen etwa in den Jahren 1974, 1977, 1979, 1981, 1984, 1987, 1989, 1991, 1994, 1997, 2001 und 2007. Auffällig ist, dass die Auswirkungen der globalen Erderwärmung im neuen Jahrtausend ganz offensichtlich zu reiferen Trauben und damit zu einer deutlich größeren Anzahl von Dom Pérignon-Jahrgängen geführt haben.

Nach mindestens acht Jahren Reifung in den Katakomben in Epernay, wo Moet & Chandon seinen Stammsitz hat, verkörpert der Champagner das perfekte Gleichgewicht für die erste Trinkreife, für die neuerdings das Kürzel P1 eingesetzt wird.

Neben dem klassischen Dom Pérignon gab es bis einschließlich Jahrgang 1996 eine Serie gereifter Champagner, die nach mindestens fünfzehn Jahren Hefelager und einem damit verbundenen, späteren Dégorgement als „Oenothèque“ auf den Markt gelangten. Offenkundig war dieser Begriff den Verantwortlichen bei Dom Pérignon aber nicht spezifisch genug, weshalb man – beginnend mit dem Jahrgang 1998 – die Umbenennung dieser Kategorie in Plénitude 2 vollzog. Dies lässt sich mit zweiter Fülle übersetzen und deutet auf ein weiteres Reifestadium hin, was auf dem Etikett mit dem Kürzel P2 symbolisiert wird. Aufgrund seiner großen Lagerbestände ist Dom Pérignon darüber hinaus imstande unter der Bezeichnung P 3 außergewöhnliche ältere Champagner anzubieten, die mindestens zwanzig Jahre auf der Hefe reiften.

Zu den bestgehüteten Geheimnissen des Hauses Dom Pérignon zählt die Anzahl der jährlich produzierten oder auch verkauften Flaschen. Offizielle Stellungnahmen dazu gibt es dazu jedenfalls nicht. Damit nimmt man aber billigend in Kauf oder provoziert sogar, dass die Spekulationen wilde Blüten treiben. Um die Jahrhundertwende lag die geschätzte Menge noch bei zwei bis drei Millionen Flaschen, vor zehn Jahren war dann von vier bis fünf Millionen Flaschen die Rede. Jüngste Mutmaßungen, die sich auf angeblich gesicherte Quellen in der Champagne berufen, lagen im Sommer 2020 bei unvorstellbaren zehn Millionen Flaschen.  Angesichts der durch die Corona-Pandemie bedingten Absatzeinbrüche, die das Comité Champagne (C.I.V.C) Ende Jahres auf  40 Millionen Flaschen beziffert, dürfte wohl auch der Dom Pérignon nicht mehr ganz so kräftig, gewiss aber stets feinperlig sprudeln.  

Das Gros der nachfolgenden Verkostungsnotizen entstand bei einer Horizontal-Verkostung von vierzehn Jahrgängen Dom Pérgnon, die am 19. Juli 2020 in Burg Layen stattfand.

1969 Champagne Dom Pérignon Brut

Goldbraune Farbe, nur mehr dezente Perlage; duftet nach Karamell und gebrannten Mandeln, etwas Aprikose; weinige Frucht, deutliche Reife, pikante Säure, eleganter Nachhall, hat den Zenit allerdings schon eine ganze Weile überschritten. 90 Punkte (Juli 2020)

1970 Champagne Dom Pérignon Brut

Goldgelbe Farbe; ein zunächst frappierend an Mottenkugeln erinnernder Ton verliert sich schnell und verwandelt sich in ein apartes Duftspiel von grünem Apfel und reifer Aprikose; frappierende Frische, beste Balance, ein faszinierender Wein. 95 Punkte (Juli 2020)

1973 Champagne Dom Pérignon Brut

Goldgelbe Farbe; duftet leicht nach Unterholz und kandierten Früchte, ein Hauch von Vanille und Röstkaffee; schmelzige Fruchtfülle am Gaumen, zarte Süße, schöner Nachhall. 92 Punkte (Juli 2020)

1980 Champagne Dom Pérignon Brut

Dunkles Goldgelb; ein zunächst etwas dumpf wirkender Geruch löst sich in einem Dreiklang von Apfel, Brioche und Röstnoten auf, ein Hauch von Minze belegt das Fruchtspiel obendrein; glockenklare Frucht, sehr ausgewogener Körper, feines Säurespiel, markanter Nachhall. 94 Punkte (Juli 2020)

1982 Champagne Dom Pérignon Brut

Gut gedeckte goldgelbe Farbe; im Bukett zarte Anklänge von geröstetem Weißbrot, kandierte Zitrusfrüchte mit einem Hauch Menthol, die sich dann zu prägnanteren Herbstobst-Noten verdichten; süßliche Fruchtfülle, dezentes Säurespiel, saftiger Nachhall. 92 Punkte (Juli 2020)

1983 Champagne Dom Pérignon Brut

Gut gedeckte goldgelbe Farbe mit leichtem Grünschimmer; vielschichtiges Bouquet: Röstaromen, Haselnuss, Weißbrot- und Honignoten; süßliche Fruchtfülle, Anklänge von Trockenobst, saftiger Nachhall. 92 Punkte (Juli 2020)

1990 Champagne Dom Pérignon Brut

Zarte goldgelbe Farbe; facettenreiches Bukett, Anklänge von getrockneten Aprikosen, frischen Mandeln und geröstetem Weißbrot; raffiniertes Fruchtspiel, hintergründige Cassisnote, eleganter Nachhall, großartig! 98 Punkte (Juli 2020)

1995 Champagne Dom Pérignon Brut

Goldgelbe Farbe mit zartem Grünschimmer; leicht rauchiges Bukett, Brioche und Honig; feinherbe Fruchtnoten, stoffiger Körper, recht hohe Dosage, markanter Nachhall.   93 Punkte (Juli 2020)

1996 Champagne Dom Pérignon Brut

Grünliches Goldgelb; im Duft changieren fruchtige Noten von weißem Pfirsich und kandierten Zitrusfrüchten mit Vanille und weißem Pfeffer; rassige Frucht, strahlendes Säurespiel, langer Nachhall. 95 Punkte (Juli 2020)

1998 Champagne Dom Pérignon Brut

Goldgelbe Farbe mit grünen Reflexen; im Duft Anklänge von Pampelmuse, frischen Mandeln und Gewürznoten; anklingende Fruchtfülle, süßliche Noten, feinherbe Art, saftiger Nachhall. 90 Punkte (Juli 2020)

1999 Champagne Dom Pérignon Brut

Gut gedeckte Farbe; rauchiges Bukett mit Anklängen von Haselnuss, Kokosnuss und Tabak; cremige Fruchtfülle, etwas Mango und Banane, opulenter Körper, cremiger Nachhall. 93 Punkte (Juli 2020)

2002 Champagne Dom Pérignon P 1 Brut

Mittelgelbe Farbe mit deutlichen Grünreflexen; würziges Bukett, leicht rauchige Noten, Haselnuss, Mandeln, Brioche; anklingende Fruchtsüße, sanft und rund, nahe der Perfektion. 97 Punkte (Juli 2020)

2004 Champagne Dom Pérignon Brut

Mittelgelbe Farbe mit deutlichen Grünreflexen; im Duft vermählen sich rauchige Noten mit frischen Mandeln und Kakaopulver; belebende Fruchtfülle, gefällige Art, kräuterige Noten im mittleren Nachhall. 92 Punkte (Juli 2020)

2008 Champagne Dom Pérignon Brut

Noch sehr frisches Gelbgrün; duftet nach weißen Blüten, gelbem Steinobst, Vanille  und Anissamen, ein Hauch von Minze; feinrassige Frucht, rauchige Noten, belebende Frische, superfeines Säurespiel, schlank und elegant, edler Nachhall. 95 Punkte (Juli 2020)

2009 Champagne Dom Pérignon Brut

Gut gedeckte Grüngelbe Farbe; feines Bukett, Anklänge von Guave und Orangenzeste, Pfirsich und Aprikose; elegante Fruchtfülle, zarte Süße, ausgewogenes Säurespiel, schöner Nachhall. 94 Punkte (Juli 2020)

2010 Champagne Dom Pérignon P 1 Brut

Blassgelbe Farbe mit grünen Reflexen; rauchige Strohnote, Mirabelle und Aprikose; großartige Fruchtfülle, süßliche Anmutung, ein Maul voll Wein, saftiger Nachhall. 94 Punkte (Juli 2020)

Fotos: Armin Diel